Ich musste die nachstehende famila-Anzeige im heutigen MARKT zweimal lesen, um sicher zu sein, dass ich den Inhalt richtig verstanden habe. Und ich stelle das Inserat in voller Größe in diesen meinen Blog-Eintrag, damit Sie selber lesen können, was famila dort anzeigt.
Der Inhalt kurzgefasst: famila in Ahrensburg brauchte Hilfspersonal für Arbeiten im Warenhaus. Und Marktleiter Studt hörte davon, dass Schüler der Schule am Masurenweg in Bad Oldesloe eine Klassenfahrt nach England machen wollen und dass sich die Reisekosten erhöht hätten, sodass die Finanzierung nicht für alle Schüler möglich ist.
Und was hat der gutherzige Warenhausleiter daraufhin getan? Hat er eine finanzielle Spende für einen guten Zweck an die Schulklasse gemacht nach dem bekannten PR-Motto: “Tue Gutes und rede darüber!”?
Mitnichten hat er das! Hans-Jürgen Studt sah hier willige und billige Arbeitskräfte für seinen Markt und bestellte drei Schüler nach Ahrensburg in sein Warenhaus auf der zubetonierten Wiese. Und diese Schüler mussten hier (Zitat:) “ordentlich mit anpacken”. Wie viele Stunden das Trio dort arbeiten musste, berichtet der Marktleiter nicht, sondern nur dass jeder Schüler für seine Arbeit 200 Euro bekommen hat. Ob damit auch der Mindestlohn gezahlt wurde, steht auch nicht in der famila-Annonce, wo die Schüler sich auch noch öffentlich für Werbezwecke zur Schau stellen mussten, was mit den 200 Euro vermutlich mit bezahlt wurde.
Ja, das Highlight ist die Schaltung dieser redaktionell gestalteten Anzeige im MARKT, wo Warenhausleiter Studt sich wieder mal selber als Gutmensch bewirbt und sich neben den Schülern und noch mit einem Weihnachtsmann (Weihnachtsmann!) präsentiert und seine Reklame mit der Überschrift versehen hat: “Schüler engagieren sich mit Begeisterung – famila belohnt Einsatz für einen guten Zweck”.
Frage an Warenhausleiter Studt: Sind die Löhne und Gehälter, die famila an andere Mitarbeiter zahlt, die in dem Warenhaus ordentlich mit anpacken müssen, ebenfalls der belohnte Einsatz für einen guten Zweck…?
Ist der Studt bei Famila eigentlich als Werbeleiter eingestellt oder als Fotomodell?
Ich teile des Bloggers Meinung, dass eine Präsentation als “edler Spender” verfehlt ist, wenn Herr Studt sich rühmen lässt, weil seine Kunden “ein Teil mehr” für die Tafel o.ä. gekauft haben. Die lobende Erwähnung hätten die Kunden verdient.
An diesem konkreten Fall finde ich allerdings nichts Beanstandenswürdiges, weil
1. Praktika im normalen Betriebsumfeld überwiegend ohne finanzielle Gegenleistung erfolgen (ich unterstelle jetzt einfach Mal zugunsten von famila, dass durch die Arbeitsleistung der Jugendlichen keine ansonsten zu finanzierende gewesene Arbeitsleistung erbracht wurde) und
2. warum sollen Jugendliche nicht eine Gegenleistung für eine finanzielle Unterstützung über 600€ für die geplante Klassenfahrt erbringen?
Stimmt. Aber nun sagen Sie mir, warum Studt daraus eine bezahlte Anzeige im MARKT gemacht hat! Den Anzeigenpreis hätte er auch in die Klassenkasse einzahlen können.
Außerdem: Wieso soll das ein “Praktikum” gewesen sein…?
Ja, ja, die Jugendlichen, deren Eltern die Klassenreise nicht bezahlen können, die sollen bei famila eine “Gegenleistung” einbringen, was famila als “Praktikum” bezeichnet. Passt schon, dass der Weihnachtsmann daneben steht.
Und dann müssen sich die drei Schüler auch noch öffentlich zur Schau stellen lassen, um für den Markt zu werben. Echt bitter.