Gestern war ich im Rathaus, wo ich zufälligerweise einen Stapel vom „Ahrensburg Magazin“ gesehen habe. Dieses Werbeblatt ist laut Angaben des Verlages „eine Weiterentwicklung des Rathaus Journal“, das von der städtischen Verwaltung der Stadt Ahrensburg herausgegeben wurde unter 100%iger Gewinnmitnahme der Hamburger Firma Wiener Kontor Marketing & Verlag GmbH, die einer Frau Daniela N. Barth gehört, welche als Geschäftsführerin auch das Anzeigengeschäft leitet.
Der zufällige Fund im Rathaus machte mich neugierig, sodass ich ein Heftchen mitgenommen habe, zumal es nichts kostet. Die Kosten dafür bezahlen die Inserenten. Und davon gibt es eine ganze Reihe, und zwar mit offenen und versteckten Anzeigen.
Versteckte Anzeigen nennt Frau Barth einfach „Advertorial“. Hierzu der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ): „Aditorial ist eine Anzeige, die wie ein redaktioneller Text aufgemacht ist. Das deutsche Presserecht verlangt eine klare Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung und damit eine Kennzeichnung des Advertorials als Anzeige.“
Es ist nicht das erste Mal, dass ich Daniela N. Barth bzw. ihren Verlag darauf hingewiesen habe, dass es ein Verstoß gegen das deutsche Pressegesetz ist, wenn redaktionell gestaltete Werbung nicht mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet ist, damit der Leser nicht hinters Licht geführt wird. Aber – um es ohne Wiener Schmäh in klarem Deutsch zu sagen – Frau Barth geht das deutsche Presserecht offenbar am Arsch vorbei. Und das “Ahrensburg Magazin” liegt offiziell im Ahrensburger Rathaus aus.
Der Verlag gibt an, dass er eine Verteilung direkt an Haushalte vornimmt. Frage: Haben Sie das Heftchen vielleicht bekommen? Außerdem soll es an über 80 ausgewählten Standorten (“öffentliche Orte und im Einzelhandel”) ausliegen. Verkündet jedenfalls Frau Barth gegenüber ihren Inserenten..
Ahrensburg hat rund 15.000 Haushalte. Wenn in jeden Briefkasten (außer meinen) ein Exemplar vom „Ahrensburg Magazin“ gesteckt wurde, dann bedeutet das eine nahezu 100%ige Haushaltsabdeckung. Mehr geht nicht. Da der Verlag angeblich aber eine Auflage von 25.000 Exemplaren druckt, lässt das die Vermutung bei mir aufkommen: 10.000 Exemplare der Postille liegen in öffentlichen Toiletten an “öffentlichen Orten” der Stadt aus, und zwar stapelweise. Und sollte eine Auflage in Höhe von 25.000 Exemplaren tatsächlich gar nicht verbreitet werden, dann könnte es sich hier um Schmu handeln, weil der Inserent, der für eine Seite immerhin rund 2.000 Euro zahlt, gar nicht 25.000 x verbreitet wurde und schon gar nicht „zielgruppengenau“, wie versprochen, in die Hände der Konsumenten gekommen ist.
Weiter erzählt Frau Barth: „Im Ahrensburg Magazin berichten wir hintergründig, fundiert und vor allem ausführlich über alles, was in der Stadt passiert. Aus Ahrensburg für Ahrensburg.“ Dazu mein Kurz-Kommentar – ebenfalls hintergründig: Und im Himmel über Ahrensburg ist Jahrmarkt.
Auch die Stadt Ahrensburg hilft dem Hamburger Verlag wieder einmal mehr bei der Finanzierung der Postille, indem Stadtkämmerer Kienel reichlich Werberaum für die Stadtwerke Ahrensburg gebucht hat und dort seinen üblichen Quark veröffentlicht, auf den ich noch einmal gesondert zurückkommen werde.
Vielleicht gehen Sie mit der charmanten Dame aus Österreich doch etwas zu hart ins Gericht. Wenn es sich bei einem Druckstück wie dem von Ihnen eingesammelten „Ahrensburg Magazin“ doch offensichtlich um eine einzige große Anzeigensammlung handelt, ist doch der Hinweis „Anzeige“ für den geneigten Leser mehr als überflüssig.
Auch ich habe die aktuelle Ausgabe noch nicht in meinem Briefkasten gefunden. Jedoch scheint den zahlenden Inserenten doch nirgends zugesichert worden zu sein, bis wann das erledigt wird.
Und ausweislich Ihres Fotobeweises liegt dieses Anzeigenheftchen tatsächlich an „öffentlichen Orten“ zur entsprechenden Nutzung aus. Sollte es sich hierbei allerdings um ein Symbolbild handeln, ließen sich neben den Einzelhandelsstandorten im weiteren Sinn sogar die Papiercontainer unter öffentliche Orte subsummieren, was die hohe Zahl „ausgewählter Standorte“ noch schlüssiger erklären würde.
Folglich verspricht Daniela N. Barth ihren Anzeigenkunden doch gar nicht mehr als sie wirklich liefert und alle sind zufrieden.
Sie meinen – ich mag es gar nicht denken – auch das Interview mit unserer stellvertretenden Bürgermeisterin ist eine Anzeige…?
Aktuell darf ich nachtragen, dass ein Stapel des “Ahrensburg Magazin” heute in meinem Lieblings-Fischgeschäft lag. Zumindest während meiner Anwesenheit wurde es allerdings NICHT zur Warenverpackung eingesetzt.
😉 🙂 😉
Hallo, Herr Dzubilla,
der Fall “Ahrensburg Magazin” scheint dem Fall “Wochenblatt” hinsichtlich gesicherter Austragung zigtausender Exemplare sehr ähnlich zu sein. Woher nehmen die Verlage die Austräger, um alle Haushalte zu versorgen? Als Wahl-Flyer-Austräger weiß ich, was für ein Austrageaufwand allein in zwei südlichen Wahlbezirken steckt. Unter Berücksichtigung der größeren Briefkastendichte in der Innenstadt schätze ich mindestens 20 Tage zu je acht Stunden für die jeweilige flächendeckende Verteilung. Da müssen die Verlage einen fest angestellten Austräger beschäftigen. Oder erscheint das Ahrensburg Magazin als Beilage im MARKT? Der MARKT erreicht eh nicht alle Haushalte.
Ich bin gespannt, wieviele Exemplare des Ahrensburg Magazins morgen bei Famila, Toom, Hagebau, CCA oder in Treppenhäusern ausliegen werden. Oder ist die Verteilung bereits vorbei?
Ein Gedankenspiel: Ich verspreche hunderten Gewerbetreibenden großflächige Reklameverteilung, lasse 1.000 Exemplare drucken und verteile diese als Nachweis meiner Leistung an 200 Haushalte und an 10 öffentlich zugängliche Stellen wie Rathaus, CCA, Nur Hier, Friseure……………….. Bei der Post habe ich noch nie einen MARKT gesehen.
Als Stadtwerke würde ich nun tiefschürfend prüfen, ob meine teure Werbung wirklich bei allen Haushalten angekommen ist. Bei mir ist jedenfalls noch nichts angekommen.
Wo finde ich die dargestellte öffentliche Toilette???
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang König
Hallo Herr König!
Das “Ahrensburg Magazin” muss schon einige Wochen alt sein, denn darinnen sind noch Termine für den April genannt – allerdings 2014 😉 . Der Verlag gibt im Impressum den Namen einer Austräger-Organisation bekannt, sagt aber nicht, wohin diese das Blatt ausgetragen hat. Ja, ich denke, es ist ähnlich wie beim “WochenBlatt”. Bemerkenswert: Im Impressum steht weder etwas von Druckauflage noch von Verteilung. Und die Inserenten sind still, obwohl sie eigentlich etwas ahnen müssen und Rechenschaft darüber verlangen, was sie für ihr Werbegeld eigentlich bekommen.
Freundliche Grüße
Harald Dzubilla
Hallo, Herr Dzubilla,
die Verteilung scheint in der Tat also schon gelaufen zu sein. Ich habe kein Exemplar erhalten. Bekannte auch nicht.
Und wo befindet sich die Toilette?
Mit drängenden Grüßen
Wolfgang König
Das Symbolfoto ist auf der Gästetoilette in meinem Büro entstanden. Dort können Sie das Heft gerne einsehen.
Ich kann es mir verkneifen. Ich habe es eilig, auf den MARKT zu kommen.
Heute lag zum ersten (!) Mal ein großer Stapel dieses Magazins bei meinem Griechen in der Hagener Allee aus. Er soll dort gestern Abend abgegeben worden sein.
Trotz meiner zwar inzwischen etwas kurzsichtigen, aber dennoch wachsamen Augen konnte ich dieses Magazin bislang noch nirgendwo entdecken.
Herr Dzubilla, haben Sie da vielleicht etwas in Bewegung gesetzt?
Gewisse Leute, die gern Geld ohne Mühe gemacht hätten, werden Sie dafür hassen!
Eine Lawine von Dankesbriefen von möglicherweise hinters Licht geführten Anzeigenkunden müsste nun Ihre Briefkästen überfluten! Und das meine ich wirklich ernst!
Gleiches gilt für die Inserenten des Wochenblattes (das ich mal wieder in Schmalenbeck nicht erhalten habe).
Mit aufmerksamen, freundlichen Grüßen! 🙂
Sabine Heinrich
Auf der Seite “Veranstaltungen” ist der erste Termin der 22. April 2014. Das Blatt hätte also bis zu diesem Termin verbreitet werden müssen. Nun aber…! 🙁
Der Verlag scheint auch in Neumünster das “Journal” nicht in die Haushalte liefern zu können: http://www.neumuenster-journal.de/unsere-nummer-4/.
Aber dort gab es ja noch ganz andere Probleme.
Einen schönen Rest-Sonntag.
Na, da bin ich neugierig, ob Frau Barth ihren Inserenten die Gelder für die Schaltung von Anzeigen zurückgegeben hat.
Warum sollte Frau Barth das tun? Und warum sollten die Inserenten das verlangen? Die kennen doch die Blätter dieses Verlages. Die wissen doch genau, wo sie inserieren und was ihnen ein Inserat in solch einem Produkt bringt.
Ich frage mich, wie Frau Barth eigentlich an diese Aufträge kommt? Wer schließt hier die Verträge? Wo kann man die einsehen? Frau Barth scheint sehr gut in Stormarn vernetzt zu sein. Ist das ihren alten Lübecker Kontakten zu verdanken?
Die shz berichtete übrigens vor knapp einem Jahr über diese unsägliche Geschichte in Neumünster.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum Frau Barth ihr Ahrensburger Blättle im Medienhaus sh:z drucken lässt…? 25.000 Exemplare…?