Ich musste heute früh gleich zweimal hinschauen, als ich zum Rondeel kam, sah und kriegte, nämlich den Mund nicht mehr zu: Der Blaumann hat sich über Nacht verändert, ist zu einer riesigen Grünfrau mutiert! Zuerst habe ich das für einen Aprilscherz gehalten; doch wer in Ahrensburg macht einen derart aufwändigen Scherz, bloß, weil heute auf dem Kalender der 1. April steht!?
Ich machte das nebenstehende Foto; und weil ich ratlos war, ging ich ins Rathaus, um mir Rat zu holen beim Bürgermeister über die plötzliche Veränderung auf dem historischen Platz unserer Stadt.
Kurzum: Bevor die Sekretärin des Verwaltungschefs mich nach meinem Begehr fragen konnte, war ich auch schon an ihr vorbei gestürmt direkt ins Amtszimmer von Michael Sarach, dem amtierenden Stadtoberhaupt der Freien und Geisterstadt Ahrensburg, der seinen Frühstückskaffee trank und gerade dabei war, Szene Ahrensburg zu lesen. Ich zeigte Michael Sarach das Foto von der grünen Frau auf dem Rondeel und fragte: “Was hat denn nun das wieder zu bedeuten, Herr Bürgermeister…?”
Der Chef des Rathauses bot mir einen Besucherstuhl an und einen Becher Kaffee ohne Kuchen und erklärte in knappen Sätzen: Kürzlich sei er im Skiurlaub gewesen, und zwar auf Sylt, woraus ich schloss, dass es sich um Wasserski gehandelt hat. Und dort, am Bahnhof von Westerland, sah der Urlauber aus Ahrensburg “Reisende Riesen im Wind”. Diese Figuren auf der Insel der Reichen und Schönen sind genauso wie der Blaumann in der verschuldeten Schlossstadt ein Werk des Plastikers Martin Wolke. Und beim Anblick der grünen Gestalten war dem Bürgermeister folgende Idee gekommen: War nicht Wolke einverstanden mit der Versetzung des Muschelläufers, wenn an gleicher Stelle auf dem Rondeel ein anderes Werk vom selben Plastiker stehen würde?
Kurzum: Weil Sarach weiß, wie unbeliebt der Blödmann in der Schlossstadt ist, beschloss er, mit seiner bürgermeisterlichen Kollegin von Sylt zu verhandeln: Tausch Blaumann gegen Grünfrau, und zwar ohne Zuzahlung! Und Bürgermeisterin Petra Reiber, die zum Jahresende ohnehin ihr Amt auf der Insel abgeben will, stimmte sofort zu, denn sie erkannte: Der Schneckensteher Muschelläufer passt auf das Eiland in der Nordsee genauso wie Jürgen Gosch mit seinen toten Heringen auf die Insel passt! Und Michael Sarach war sich sicher: “Ahrensburg als touristische Metropole des Nordens ist mit einer Reisenden als Symbolfigur sehr gut bedient!”
Und der Chef der Ahrensburger Verwaltung zeigte mir im Internet ein Foto, auf dem erkennbar ist, dass der Blaumann bereits auf Westerland steht, und zwar direkt zwischen den Reisenden Riesen – siehe die Abbildung! Dort sieht der Goldschopf richtig mickrig und verloren aus. (Nebenbei: Die Kosten für den Umzug hat Landrat Klaus Plöger übernommen, und zwar aus eigener Tasche. Schließlich hatte er schon immer dafür votiert, unter den Blaumann vier Räder zu montieren, damit man ihn nach Belieben fortbewegen kann.)
Je nun, liebe Mitbürger, ich wusste zuerst gar nicht, was ich dazu sagen sollte. Zum einen musste ich zugeben, dass die Reisende Riesin sehr viel besser aufs Rondeel passt als der blaue Blödmann, aber ich kann mit der Kirmes-Kunst eines Martin Wolke nun mal nicht warm werden. Neugierig bin ich allerdings, was die Stadtverordneten dazu sagen werden. Eine Partei ist auf jeden Fall begeistert, nämlich Die Grünen. Christian Schubbert von Hobe, Vorsitzender vom Kultur-Ausschuss, hat schon heute Denkmalschutz für die Grünfrau beantragt und sie als neues Mitglied ins Bündnis der 90 Grünen aufgenommen.
Ärgerlich dagegen zeigte sich Götz Westphal, Präsident vom Stadtforum, denn der muss die Homepage seines Vereins nun ändern, weil der Blaumann dort ja nichts mehr zu suchen hat.
Moin, Moin! Und ich hatte heute früh beim Anblick der Skulptur gedacht, das wäre ein Werbe-Gag anlässlich der heutigen Eröffnung der Nur-Hier-Filiale am Rondeel, zumal die grüne Frau ja direkten Weges dort hingeht.
Ich meine über Kunst kann man ja laaaange streieten ,aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren das nun dieses Neue Monstrum besser ist als der Blödmann. Also stelle ich ma hier ganz Platt die Frage : was bitte schön hat das noch mit Kunst zu tun ??? . Warum zählt hier nur die Meinung eines enzelnen? nähmlich die vom Bürgermeister ? Warum werden nicht auch ma die Bürger befragt ?
Kann man das Ding auch in den Behälter mit dem Grüen Punkt werfen ??? ( is ja aus Plastik)
Stellt doch ma n Wasserspiel oder sowas auf .
Hallo, Herr Dzubilla,
sind Sie wirklich sicher, dass es sich bei der Skulptur um eine Frau handelt und nicht um einen Mann? Ein Transvestit??? Die Skulptur müßte nach StGB §183 und §183 a unverzüglich entfernt werden. Was hat Herr Sarach sich dabei gedacht? Die Stadtverordneten waren wieder nicht beteiligt. Außerdem trägt diese Skulptur auch wieder das Profil des Künstlers Wolke. Wäre sie gelb, würde das Objekt als “Gelber Sack” abgeholt werden.
Ich hoffe, dass ich mich nicht im Datum vertan habe.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang König
Hallo Herr Dzubilla,
dass Sie sich in einem “April, April”-Artikel symbolisch vom Muschelläufer befreien und auch Ihr Verhältnis zum Bürgermeister bereinigen, zeigt dass Ihre tiefenpsychologischen Selbstheilungskräfte sehr robust sind. Dazu kann ich Ihnen nur gratulieren. Hinzu kommt, dass Sie anstelle des blauen Muschelläufers keinen barocken Springbrunnen erträumen, sondern grüne Plattfüßler, prädestiniert Sie geradezu zum Realsatiriker. Chapeau!
Lieber Peter Egan –
ich habe heute zu meinem Entsetzen entdeckt, dass der Muschelläufer immer noch auf dem Rondeel steht. Dann war es wohl tatsächlich nur ein April-Scherz und alles bleibt beim Alten, nämlich bei der Ahrensburger Realsatire.
Chapeau Claque
Harald Dzubilla