Die Bahn in Sachen S4: Stolz wie Bolle in New York und frech wie Oskar in Ahrensburg

Am 27. Mai 2024 hat eine Stadtverordneten-Versammung stattgefunden im Marstall. Ob dort auch Vertreter der örtlichen Presse anwesend waren, weiß ich nicht, denn ich war selber nicht vor Ort. Und wenn ich in einer Stadtverordneten-Versammlung nicht zugegen war, dann warte ich anschließend auf die Berichte in Hamburger Abendblatt und Stormarner Tageblatt. (Im MARKT nicht mehr, weil dort vermutlich gar keine Journalisten mehr arbeiten). Und wenn mich ein Thema besonders interessiert, dann gucke ich hernach ins Protokoll der Stadt, das im Bürgerinformaationsportal zu finden ist. Und damit bin ich beim Thema dieses Blogs.

Es geht um den Tagesordnungspunkt6.2.1.  Antworten auf die Einwendungen im Planfeststellungsverfahren, Abschnitt 2 – Resolution der Stadtverordnetenversammlung vom 27.11.2017″. Was hier zur Sprache gekommen ist, empfinde ich als sehr wichtig für Ahrensburg. Und bezeichnend für die Redaktionen der Zeitungen, die gern das verschweigen, was der Bürger nicht erfahren soll und lieber PR-Meldungen der Bahn verbreiten – siehe auch die Abbildung oben links! Aber weil Ahrensburg ja auch eine “Szene Ahrensburg” hat, folgt hier die offizielle Aufzeichnung der Stadt, damit sie nicht verlorengeht und niemand später sagen kann, er hätte es nicht gewusst, weil es nicht in der Zeitung gestanden hat, und zwar das was hier folgt:

“Bürgermeister Boege erläutert, dass die Stadt nicht auf die Antworten der Deutschen Bahn (DB) eingehen wird, weil die Stadt auch nicht Empfänger und Adressat der Antworten ist. Man habe es heute in diesem Fall, der Vollständigkeit halber, unter Berichte mit aufgenommen. Insbesondere, weil auch hier von den Fraktionen unterstützt wurde, was letztlich die Ahrensburger Parteien an Einwendungen eingebracht haben. Zur Dokumentation wurde es unter Berichte mit aufgenommen und auch die Antworten der DB in das Ratsinformationssystem eingestellt.

Bürgervorsteher Stukenberg erteilt dem Stadtverordneten Dr. Köpke von der WAB-Fraktion hierzu das Wort.

Die Bahn: Stolz wie Bolle und frech wie Oscar

Stadtverordneter Dr. Köpke von der WAB-Fraktion erzählt, dass er in Hamburg an der Erörterungsveranstaltung der Deutschen Bahn teilgenommen hat. Diese fand vom 23.-25.04.2024 statt. Er führt aus, dass die gesamte Organisationsleitung sehr schlecht war und es sich daher sehr lang hingezogen habe. Am dritten Tag habe ebenfalls Stadtverordneter Randschau von der SPD-Fraktion an der Erörterungsveranstaltung teilgenommen.

Stadtverordneter Dr. Köpke war dort bezüglich der Punkte, die die Fraktionen vertreten und um den Ablauf der Erörterungsveranstaltung kennenzulernen. Die DB war mit 20 Personen vertreten und ca. 50 weitere Personen, davon überwiegend Anwohner sowie Träger öffentlicher Belange, z.B. Bezirksamt Wandsbek, Umweltbehörde und Umspannwerk.

Er fand es interessant, dass der DB von den Rechtsanwälten, die die Anwohner*innen vertreten, vorgeworfen wurde, dass diese nicht angehört worden sind und, dass die DB mit völlig veralteten Unterlagen geplant habe. Es gab Beschwerden von Personen, dass diese monatelang versuchten mit der DB in Kontakt zu kommen und nicht gehört wurden.

Die Träger öffentlicher Belange wurden gehört, aber diese beschwerten sich, dass sie zwar Gespräche mit der DB hatten, aber diese nicht zu Ende geführtwurden. In Summe habe die DB einen inkompetenten Eindruck hinterlassen.

Die DB sagte, sie mache 2027 die Strecke für ein halbes Jahr zu. Stadtverordneter Dr. Köpke hat daraufhin die DB gefragt, wie sie es macht mit dem Schienenersatzverkehr, weil dieser ja jetzt schon nicht funktioniere. Diese Frage wurde seitens der DB nicht beantwortet.

Stadtverordneter Dr. Köpke hat auch Kontakt nach Lübeck zur Industrie- und Handelskammer (IHK) und weiß, dass diese verzweifelt darum kämpft, dass die Strecke nicht geschlossen wird. Die DB antwortete, dass dies völlig falsch sei und die Strecke über Büchen jetzt ertüchtigt würde und man im Gespräch mit allen Zuständigen sei. Der Kontakt von Stadtverordnetem Dr. Köpke, entgegnete daraufhin, dass dies eine Lüge sei.

Weiterhin fragte Dr. Köpke den Fachmann, welcher die Erschütterungsgutachten gemacht hat, warum dieser in seinen Gutachten die Tiere nicht berücksichtigt hat. Dieser entgegnete, dass die Berücksichtigung von Tieren im Erschütterungsgutachten gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Stadtverordneter Dr. Köpke wies daraufhin, dass man sich hier in einem Naturschutzgebiet befindet und somit auch die Auswirkungen auf die Tiere zu berücksichtigen sind. Dem Fachmann war offenbar nicht klar, dass er im Naturschutzgebiet arbeitet.

Später kam die DB auf die Einwände der Fraktionen zu sprechen. Die schriftlichen Antworten der DB waren teilweise nicht verständlich. Zum Beispiel habe man mit sehr guter Begründung bezweifelt, dass die Gutachter, die die Umweltverträglichkeitsprüfung machen qualifiziert sind.

Die Antwort der DB war, dass diese dies schließlich studiert haben und demnach auch gut sind. Diese Antwort empfand Stadtverordneter Dr. Köpke als sehr problematisch. Das Misstrauen gegenüber der DB wuchs.

Der entscheidendste Punkt für Stadtverordneten Dr. Köpke war, wie man mit der Umwelt umgeht und welchen Einfluss die Baumaßnahmen auf das Naturschutzgebiet haben. Er merkt an, dass es sich hier um ein Molchschutzgebiet handelt und der Molch die Leitfigur ist. Wenn ein Gutachter sagt, dass Molche träge Tiere sind, die sich nur 100 Meter um ihr Laich-Gewässer bewegen und die neueren Ergebnisse wissen, dass sie sich bis zu 1600 Meter bewegen, bedeutet dies automatisch ganz andere Schutzmaßnahmen.

Das hieße, wenn die DB so weiterbaut, dann macht sie dort richtig viel kaputt.

Stadtverordneter Randschau von der SPD-Fraktion ergänzt die Ausführungen von Stadtverordnetem Dr. Köpke. Er erläutert, dass insbesondere am letzten Tag der Erörterungsveranstaltung die Themen der Ahrensburger Fraktionen behandelt wurden, welche als Einwendungen eingereicht wurden. Er hatte das Gefühl, dass seitens der DB ein Interesse daran bestand gewisse Themen nach hinten zu verschieben.

Selbst Fragestellungen die Baugrunduntersuchungen betrafen wurden als Umweltthemen angesehen, damit sie möglichst weit hinten in der Tagesordnung auftauchten.

Er führt weiter aus, dass ein besonders interessanter Punkt war, dass bereits in den Eiwendungen deutlich gemacht wurde, dass z.B. ganz unterschiedliche Zugzahlen zu Grunde gelegt werden. Das waren mal 352 Züge an zwei Stellen, mal 389 Züge oder auch mal 387 Züge. Auf Nachfrage hierzu – mit entsprechenden Zitaten – wurde geantwortet, dass es 387 Züge am Tag sind. Laut Stadtverordnetem Randschau ist das Problem an diesem 387 Zügen / Tag, dass dies schon rein rechnerisch bedeutet, dass alle 3,7 Minuten ein Zug durch das Naturschutzgebiet durchfährt. Hierzu sagt die DB in ihren Umweltschutzgutachten, dass dies nur punktuelle Ruhestörungen seien. Diese punktuellen Ruhestörungen würden die Tiere nicht stören und daher müsse man sich über den Wachtelkönig keine Gedanken machen. Stadtverordneter Randschau geht ins Detail und merkt an, dass wenn etwa alle 3,7 Minuten ca. 1-2 Minuten lang ein Zug durchfährt man sich dann schon die Frage stellen sollte, ob dies wirklich nur punktuelle Lärmbelästigungen sind. Hierzu sei die DB eine entsprechende Antwort schuldig geblieben.

Er merkt an, dass dies generell ein ganz interessanter Punkt am dritten Tag der Erörterungsveranstaltung war, dass man den Eindruck gewonnen hat, dass die DB nicht gut vorbereitet war auf die Fragestellungen. Dies sei insofern verwunderlich, weil diese Fragen der DB seit Monaten vorlagen.

Ein anderer Punkt den Stadtverordneter Randschau angesprochen hat war, dass im Bereich der unmittelbaren Bahntrasse großflächige Flächenabtragungen vorgesehen sind bei denen 2 Meter Moorboden abgetragen werden soll um dort entsprechende Baumaßnahmen zu tätigen. In den Unterlagen der DB stehe, dass dies hinterher renaturiert und in den Originalzustand zurückversetzt werden soll. Es wurde gefragt, wie dies funktioniert.

Hierzu war die Antwort der DB, dass diese den Boden gar nicht abtragen will. Hieraufhin wurden die Unterlagen der DB zitiert in denen die Abtragung vorgesehen ist. Dies sei der DB merklich peinlich gewesen.

Hinsichtlich der Gutachter hat die DB in ihren Unterlagen häufig erwähnt, dass Experten befragt wurden und argumentierte, dass wenn man die Experten fragt, die Antwort auch richtig sein muss. Selbst dann, obwohl durch die Stadtverordneten nach einfacher Internetrecherche der nachweisbare Vorwurf erhoben wird, dass hier nicht der aktuelle Forschungsstand beachtet wird. Die Antwort der DB darauf ist, dass man Experten gefragt habe und dies deshalb so richtig sei. Diese Antwort findet Stadtverordneter Randschau sehr interessant auf eine derartige Kritik.

Bei den Baugrunduntersuchungen stellte sich auch die Frage, wie unabhängig diese eigentlich gemacht wurden. Die DB spricht von unabhängigen Sachverständigen, aber nach kleiner Nachforschung stellt man fest, dass die „unabhängigen Sachverständigen“ in Hannover sitzen und für die DB arbeiten. Somit stellt sich auch hier ein bisschen die Frage in wie fern die Angaben korrekt sind, welche in den Unterlagen gemacht wurden.

Der letzte Punkt, welcher von Stadtverordnetem Randschau noch zur Sprache gebracht werden konnte, war das eigene Gutachten von Herrn Rainer Pingel, welches man in Auftrag gegeben hatte. Insbesondere die hydrogeologischen Gegebenheiten entlang der Trasse wurden hierbei untersucht. Er habe aus dem Gutachten zitiert und deutlich gemacht, dass grade im Bereich von sumpfigen Böden des Moores erhebliche ökologische Gefahren durch ein Absacken des Untergrundes bis zum Grundbruch drohen. Dies würde bedeuten, dass langsam aber sicher das Wasser aus dem Moor laufen würde. Es stellt somit eine erhebliche Gefahr für das Moor dar sowie auch für den benachbarten Bahndamm und alle in dessen Umfeld geplanten Baumaßnahmen.

Die Antwort der DB darauf blieb aus. Auch auf Nachfrage gab es hierzu keine Antwort seitens der DB.

Stadtverordneter Randschau glaubt, dass es vielen so geht, dass sie mit den Antworten, auch den schriftlichen Antworten, der DB nicht zufrieden sind. Er betont, dass es darum geht dieses S4-Projekt zu verbessern und man ausdrücklich nicht auf die Total-Barrikaden gegangen ist. Stattdessen hat man die ganz konkreten Probleme benannt, welche gelöst werden müssen, weil das Projekt ansonsten scheitert.

Man habe in aller Deutlichkeit nochmal klargemacht, dass man seitens der Fraktionen jetzt seine Schuldigkeit getan hat und die DB darauf hingewiesen hat wo die Probleme sind. Nun ist „der Ball im Feld der DB“ und diese kann nicht mehr behaupten, dass die Probleme nicht bekannt sind. Die DB muss sich jetzt dieser Probleme annehmen und Lösungen finden.

Bürgervorsteher Stukenberg bedankt sich für den Vortrag und gibt den Hinweis, dass die Antworten von der DB im Bürgerinformationssystem zu finden sind.

Bürgermeister Boege gibt den Hinweis, dass im nächsten Bau- und Planungsausschuss das Thema Einwendungen PFA3 behandelt wird.”

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 2. Juli 2024

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