Wir kennen sie alle, diese Kaffeefahrten ins Blaue, wo zumeist älteren Teilnehmern ein schöner Ausflug mit kleinen Geschenken versprochen wird. Und eine kostenlose Vorführung. Und dann kommen die Damen und Herren zurück in den Bus mit den berühmten Rheumadecken. Oder mit einem überteuert eingekauften Kochtopfset für 12 Personen oder einem sonstigen Einkauf, den sie unter normalen Umständen – sprich: ohne Ausflug mit redegewandten Verkäufern – nicht getätigt hätten.

Nun findet so eine Veranstaltung statt im Peter-Rantzau-Haus. Dort hält ein Influencer Tanzlehrer einen Vortrag und die Teilnahme ist kostenlos. Aber der Tanzlehrer spricht nicht übers Tanzen, sondern er referiert über „Gesund leben“ – und wer möchte das nicht? Und dazu bedarf es einer Gewichtsreduzierung zur Gelenkverbesserung, um besser zu schlafen, mehr Energie zu bekommen und weniger Körperfett zu haben

Und im Bilde einer Anzeige im heutigen MARKT sehen wir das bekannte Vorher-nachher-Foto von einer Person, die sichtbar abgespeckt hat.

Das alles klingt unverbindlich, denn wer traut einem Tanzlehrer schon etwas Hinterfotziges zu? Aber genau das wird im Peter-Rantzau-Haus geboten.

Ich habe mal im Internet recherchiert, was dieser Tanzlehrer mit seinem kostenlosen Vortrag in petto hat. So las ich:

„Im März 2016 musste sich Rainer Fenselau einer Hüftoperation unterziehen und litt danach an ständigen Schmerzen. Durch eine Empfehlung stieß er auf Nahrungsergänzungsmittel auf rein natürlicher Basis, die sofort die Schmerzen linderten. Sogar die zweite anstehende Hüft-OP konnte dadurch verhindert werden und Rainer Fenselau lebt heute schmerzfrei und hat ganz nebenbei auch noch 14 Kilogramm abgespeckt.“

Haben Sie es geschnallt: „Nahrungsergänzungsmittel“, also das, was der Mensch nicht braucht, es sei denn, er stellt das Zeug her, um es an einfältige Menschen zu verkaufen! Und der MARKT-Leser erfährt:

„Die Produkte sind die einzigen auf dem Weltmarkt mit der Erfindung des NTC (Nährstofftransportkonzept). Das NTC bringt die Nährstoffe immer genau dann, wenn sie gebraucht werden, genau dorthin, wo sie gebracht werden – auf Zellenebene. Das führt zu einer fünf- bis zehnmal schnelleren Aufnahme im Vergleich zu anderen Produkten. Diese Produkte werden nach GMP-Standard produziert. Das entspricht einer höheren Qualität und Reinheit als Bio.“

Davon erfährt der MARKT-Leser in der Anzeige natürlich nichts. So denkt der naive Bürger, dass der Tanzlehrer Rainer Fenselau ein Gutmensch ist, der genauso kosten- wie selbstlos ins Peter-Rantzau-Haus kommt, um den Ahrensburgern ein gesundes Leben zu bescheren.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die das Peter-Rantzau-Haus im Auftrag der Stadt Ahrensburg betreibt, wäre gut beraten, diese Verkaufsveranstaltung umgehend abzusagen. Denn so etwas ist nicht Sinn und Zweck dieser Einrichtung, die wir Bürger mit unseren Steuergeldern mitfinanzieren. Und wofür letztlich der Ahrensburger Stadtverordnete Jürgen Eckert (SPD) als 1. Vorsitzender der AWO verantwortlich ist.