Nun ist es also doch passiert: Die Billigläden KiK und Tedi haben heute auf dem Blindenhof eröffnet. Was der Bürgervorsteher trotz seiner öffentlich versprochenen Bemühungen nicht verhindern konnte, hat auch der Bürgermeister nicht vollbracht, nämlich keine amtliche Genehmigung für den dortigen Geschäftsbetrieb erteilen zu lassen, bevor die Unternehmen nicht entsprechende Kundenparkplätze nachgewiesen haben. Und so wundert es nicht, wenn Tedi den Bürgervorsteher heute als großes Gummibärchen vor die Ladentür gestellt hat: Ein ironisches Symbolbild.
Sogar eine besondere Werbeform darf KiK benutzen, nämlich ein Transparent am Geländer einer städtischen Straßenunterführung. Oder hat der Klamottenhändler das etwa ohne städtische Genehmigung gemacht?
KiK und Tedi verdanken wir den Stadtverordneten aus CDU und Grünen, die sich damals mehrheitlich für den Blindenhof entschieden haben gegen alle Kritik aus den Fraktionen von SPD, WAB und FDP.
Und ich erinnere mich noch dunkel: Der Bau- und Planungsausschuss hatte im April 2016 beschlossen, über den städtebaulichen Durchführungsvertrag zwischen Stadt und Investor noch einmal mit dem damaligen Projektentwickler bezüglich der Zahl der vorgesehenen Parkplätze zu verhandeln. Aber das schwarz-grüne Bündnis ließ sich nicht beirren sondern blieb stur. Die Folgen: Die Filialbetriebe von KiK und Tedi sind nun da aber keine Kundenparkplätze weit und breit.
Ich halte noch einmal fest: Die Stadtverordnetenversammlung mit der Mehrheit von 16 Vertretern aus CDU und Grünen gegen 13 Stimmen von SPD, WAB und FDP haben im Jahre 2016 für den Vertrag gestimmt. Und ich bin sicher, dass der damalige Fraktionsvorsitzende der CDU, nämlich Tobias Koch, heute zur Eröffnung der Läden aus Kiel angereist ist, um für seine Kids bei KiK ein paar Klamotten für den Sommer zu kaufen, weil der Kieler Politiker ja dafür plädiert, dass in Ahrensburg investiert wird. Und Familie Levenhagen hat heute bei Tedi bestimmt schon die Weihnachtseinkäufe für das bevorstehende Fest gemacht.
Weniger Parkplätze = weniger Autos.
weniger Autos: GUT!
Richtig ist vielmehr: Weniger Kundenparkplätze = mehr Autos in Wohnstraßen.
Mehr Autos in Wohnstraßen: SCHLECHT für Anwohner, Busfahrer, Radfahrer, Kinder und Natur.
Nein, Herr Dzubilla, irgendwann kommen die Autos nicht mehr. Dann haben wir reinere Luft und weniger Wirtschaft.
Nicht einmal E-Autos werden dann mehr kommen.
Lieber Herr Dzubilla,
grundsätzlich befürworte ich jede Erweiterung des innerstädtischen Einzelhandelsangebotes. Die Konsumenten (d.h. die Kundinnen & Kunden) werden entscheiden, ob das Angebot angenommen wird oder nicht. Es ist gut dass das so ist („Konsumentendemokratie“) und nicht irgendwelche Funktionäre darüber entscheiden, was die Ahrensburgerinnen und Ahrensburger so brauchen!
Auf die – von „Kiki“ – vorgestellte Gleichung möchte ich kurz antworten bzw. ein paar Gedanken (dazu) loswerden. So trivial das Ergebnis auch erscheinen mag, so verbreitet ist es doch in großen Teilen der Ahrensburger Politik & Verwaltung.
Weniger Parkplätze = weniger Autos
Dieser Feststellung würde ich grundsätzlich zustimmen.
Weniger Autos: GUT!
Nun ja, hier würde ich fragen: Für wen?
Für die Umwelt?
Dieser Vermutung würde ich widersprechen. Ein Großteil der Innenstadtbesucher kommt nicht aus Ahrensburg, sondern aus dem Umland (meine Erfahrung: deutlich über 50 %). Die Anbindung des Umlandes (per ÖPNV) ist, na ja – ausbaufähig. Zum Teil haben diese Besucherinnen & Besucher also gar keine andere Wahl, als das Auto (elektrisch oder fossil) zu benutzen. Wenn „Ahrensburg“ diese Kundinnen und Kunden nicht mehr möchte (dokumentiert durch den Abbau von Stellplätzen) werden die sich wohl einen anderen Zielort für ihre Einkäufe und Besorgungen suchen (müssen). Diese Autos sind also nicht „weg“, nur weil sie nicht mehr im Ahrensburger Stadtbild zu sehen sind – die fahren einfach woanders hin.
Wenn man jedoch trotzdem – zu 100 % – von der Abschaffung des Individualverkehrs überzeugt ist & der Umwelt helfen möchte: Warum setzt Ahrensburg auf einen Handelsstandort (im Gewerbegebiet), der (realistisch) nur mit den Auto erreichbar ist? Die Verschiebung der Autos (und Kundinnen und Kunden) an den Stadtrand ändert – für die Umwelt – gar nichts. Sind die Rezepte der 90er Jahre (Handel im Gewerbegebiet, am Rande der Stadt) wirklich der richtige Weg, um die Probleme der Gegenwart in der Zukunft zu lösen? Ist das tatsächlich alles, was die Ahrensburger Politik zu bieten hat? Im Übrigen hat die „Familasierung“ (im Gewerbegebiet) kaum einer Kleinstadt oder einem Mittelzentrum (in S-H) geholfen. Schauen Sie sich mal die Standorte an & versuchen Sie eine Verbindung zur Attraktivität der jeweiligen Innenstädte herzustellen…
Für die Ahrensburgerinnen und Ahrensburger?
Hier würden wohl viele direkt „ja“ sagen. Für die Einwohnerinnen und Einwohner (unserer Stadt) wird es ruhiger und beschaulicher. Aber warten Sie, stimmt das wirklich? Zum Teil. Richtig ist, gibt es weniger Stellplätze dann gibt es (siehe oben) wohl weniger Verkehr, super – oder?! Wie wird sich aber das Angebot (in der Stadt) mit weniger Kundinnen und Kunden entwickeln? Wenn Politik & Verwaltung nicht die Verstaatlichung der Dienstleister und Geschäfte plant, werden wohl viele davon verschwinden. So ist es in der sozialen Markwirtschaft vorgesehen. Eine Reduzierung der Stellplätze führt somit (indirekt) zu einem reduziertem Angebot (qualitativ & quantitativ) für die Ahrensburgerinnen und Ahrensburger. Ob das als positiv zu bewerten ist – entscheiden Sie selbst.
Für die Kundinnen und Kunden aus dem Umland?
Wenn der Besuch – der Innenstadt – mit zu vielen Hürden verbunden ist, wird sich das Umland (bzw. deren Bewohnerinnen und Bewohner) genau überlegen, ob sich der Weg lohnt. Wenn nicht, dann wird das Ziel ein anderes sein (vielleicht Hamburg?). GUT für das Umland – vielleicht. GUT für Ahrensburg?
Für die Gewerbetreibenden?
Zieht man aus dem bereits geschriebenen die richtigen Schlüsse kann wohl kaum die Rede davon sein, dass das für die Gewerbetreibenden „GUT“ ist bzw. sein würde.
Für die Stadt?
Läden schließen, die Leerstandsquote steigt, die Gesamtattraktivität nimmt ab & die Gewerbesteuereinnahmen sinken. GUT? Wohl eher nicht.
Sie sehen, es gibt nur „Gewinner“ in der oben genannten Gleichung.
Niemand will eine Innenstadt voller Autos, niemand will und soll (mit dem Auto) direkt „in die Läden“ fahren. Niemand will das Rondeel wieder für den Autoverkehr öffnen. Was wir brauchen sind Stellplätze (die Autos – egal wie sie betrieben werden – nunmal brauchen), die gut zu erreichen sind & unmittelbar in oder an der Innenstadt liegen.
Zu werden wie viele andere Städte in unserem Land ist für Ahrensburg keine Option – Ahrensburg ist & kann mehr!
Vor kurzem war ein sehr lesenswertes Interview (Thema: Corona) mit bzw. von Richard David Precht im Handelsblatt. Der Philosoph schloss mit den Worten – ich zitiere:
„Wenn der Staat jetzt gigantische Rettungspakete schnürt, sollte er auf der anderen Seite endlich die Steuern für die großen Online-Profiteure erhöhen. Ansonsten sterben unsere Städte und mit ihnen der Gemeinschaftsraum, der Gemeinsinn und die Demokratie.“
Bei mir hat der letzte Satz ziemlich Eindruck hinterlassen…
Liebe Grüße
Stefan Skowronnek
Autos werden für die Umwelt verträglicher durch neue Technik.
Politiker werden für die Menschen unverträglicher durch Ignoranz.
…dazu ein Nachtrag:
Wir (d.h. die Gewerbetreibenden der Innenstadt) brauchen keine Sonderseiten, wir brauchen keine Mitleidsbekundungen und keinen Schutzschirm.
Wir sind keine aussterbende Art die unter Schutz gestellt werden muss.
Wir haben keine Angst vor dem Wettbewerb, denn der sorgt dafür dass wir besser werden & die Wünsche unserer Kundinnen und Kunden erfüllen.
Wir brauchen faire & berechenbare Rahmenbedingungen, die für alle Vertriebswege und Betriebstypen gleich sind (in den Kommunen und auf Landesebene).
Wir wollen dass sich alle Marktteilnehmer an der Finanzierung unseres Gemeinwesens beteiligen & nicht nur die, die keine Holding (zur Steuervermeidung) im Ausland haben.
Wir wollen nicht schlechter behandelt werden als nationale & internationale Großunternehmen.
Wir wollen dass Politik zuerst an die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt denkt & nicht an die Renditen auswärtiger Investoren.
Wir wollen dass Ahrensburg etwas besonderes ist & nicht eine beliebige Schlafstadt im Speckgürtel von Hamburg.
Wir wollen einer der Gründe sein, warum Menschen zu uns kommen & hier leben möchten.
Wir wollen dafür sorgen dass Ahrensburg lebendig & lebenswert ist, und bleibt.
In unserer Stadt wäre so vieles möglich, wenn Politik, Verwaltung und Wirtschaft das gleiche Ziel verfolgen würden. Es ist ein Jammer, dass dieses Potential nicht genutzt wird.
Einen schönen Sonntag wünscht
Stefan Skowronnek