Politische Themen sind zumeist unangenehme Themen. Oder wie schon der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der Textdichter unserer Nationalhymne, geschrieben hat: “Ein politisch Lied, ein garstig Lied!” Und für mich ergeben sich in der Politik sehr häufig Fragen in Sachen Logik, die mir bisher kein Politiker beantworten konnte.
Heute zum Beispiel finde ich im 3. Buch Abendblatt einen Beitrag, der überschrieben ist: „Krach in der CDU: Verkehrsexperte wirft hin“. Und der Verkehrsexperte ist Eckehard Knoll, Ex-Baudirektor der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde, der den Spitznamen „Kreisel-Papst“ trägt, weil er häufig dafür plädiert hat, statt Ampeln an Kreuzungen lieber einen Kreisel zu bauen, der nicht selten mehr Sinn macht.
Ich komme auf den heutigen Beitrag im Abendblatt deshalb zu sprechen, weil es dort einen Absatz gibt, der meine Meinung bestätigt: Die Stadtverordneten stimmen in den Versammlungen nicht immer nach ihrer eigenen Überzeugung ab, sondern sie unterliegen einem Fraktionszwang. Corpus Delicti aus dem heutigen Beitrag von Janina Dietrich:
„Dass es innerhalb der CDU unterschiedliche Meinungen gebe und diese bei internen Fraktionssitzungen auch geäußert und diskutiert würden, sei völlig normal. Entscheidend sei, dass die Fraktion in der Öffentlichkeit geschlossen auftrete. Das habe Eckehard Knoll nicht immer getan, sagt Levenhagen. ‚Das war für uns aber kein Problem, weil er in der Stadtverordnetenversammlung immer fraktionsgemäß abgestimmt hat.’“
Damit sagt CDU-Fraktionschef Detlef Levenhagen indirekt: In den Stadtverordneten-Versammlung muss Bürgervorsteher Roland Wilde (CDU) gar nicht alle Politiker abstimmen lassen, sondern es genügt, wenn allein der Fraktionsvorsitzende die Hand hebt und damit für alle Mitglieder seiner Partei die Stimme abgibt.
Noch brisanter empfinde ich das, wenn es eine namentlich gewollte Abstimmung der Politiker gibt, die dann echt zur Farce wird. Denn dann geben auch Parteimitglieder, die ganz anderer Meinung sind, ihre Stimme für den Gegner in der eigenen Fraktion ab und heben die Hand im eigenen Namen gegen die eigene Überzeugung. So, wie es Eckehard Knoll offensichtlich tun musste getan hat. “Fraktionsgemäß”, nennt es der Herr Fraktionsvorsitzende. Ich nenne es frustrierend.
Ich zitiere noch einen Absatz aus dem heutigen Zeitungsbericht und also lautend: „Knoll war seit der Kommunalwahl 2018 CDU-Stadtverordneter. Damals konnte er überraschend den Wahlkreis 1 (Grundschule Am Hagen) gewinnen, erhielt 31,6 Prozent der Stimmen. Damit setzte er sich gegen SPD-Fraktionschef Jochen Proske durch. ‚Es war das erste Mal, dass ein CDU-Politiker in dem Wahlkreis, einer SPD-Hochburg, gewonnen hat’, sagt Knoll.“
Mein Fazit: Stadtverordnete in Ahrensburg sind nicht ihrem eigenen Wissen und Gewissen verpflichtet, sondern sie unterliegen marionettenhaft dem Zwang ihrer Fraktion und müssen sich dort der Mehrheit beugen. Und deshalb ist es höchst unnötig, dass es bei der Kommunalwahl verschiedene Kandidaten in diversen Wahlkreisen gibt. Es würde vollkommen genügen, wenn jede Partei eine Liste vorlegt, nach der die Bürger die Partei und den Fraktionsvorsitzenden für Ahrensburg wählen können. Und der sucht sich dann seine Verordneten selber aus.
Schon heute sitzt die Mehrheit von Stadtverordneten in der Versammlung, die vom Bürger gar kein persönliches, also Direktmandat bekommen haben, sondern die über die Liste ihrer Partei reingerutscht sind – siehe zum Beispiel den Knoll-Gegenkandidaten, den SPD-Fraktionschef Jochen Proske, den die Wähler im Wahlkreis 1 mehrheitlich gar nicht gewollt haben. Aber der bleibt und Wahlsieger Knoll geht.
Saubere Abstimmungen kann es nur geben, wenn diese anonym erfolgen.
Stadtverordnete, die Gewissenskonflikte haben, schützen ihr Gewissen dadurch, dass sie bei einer Abstimmung fernbleiben, d. h. aus Krankheits- oder beruflichen Gründen nicht zur Versammlung kommen.
Hallo Herr Levenhagen!
Gilt für die Mitglieder Ihrer Fraktion das Grundgesetz nicht, ich meine Artikel 5? Sie können doch einem gestandenen Mann wie Herrn Knoll nicht vorschreiben, welche Meinung er in der Öffentlichkeit äußern darf und welche nicht. Wir leben hier weder in Russland noch in der Türkei.
Da hat eine Partei schon einmal einen ausgewiesenen Experten zu einem dringenden Problem in Ahrensburg in den eigenen Reihen. Und dann nichts Besseres zu tun, als ihn zu vergraulen – anstatt diesem Mann zuzuhören, auch wenn er oder seine Aussagen vielleicht nicht immer bequem sind. Bitter.
Neben dafür und dagegen sein ist als dritte Möglichkeit eine Enthaltung immer möglich. Das ist wie fernbleiben.
Auch bei der CDU…? Hat der Fraktionsvorsitzende nicht erklärt, dass er Wert darauf legt, dass seine Partei “geschlossen” auftritt?! “Enthalten” ist nicht “geschlossen”.