An diesem Wochenende berichtet sowohl das 3. Buch Abendblatt als auch der MARKT über eine Theateraufführung, die am 30. Dezember 2019 im Kleinen Theater in Bargteheide stattfindet: „Die Feuerzangenbowle“ – siehe die Abbildungen! Der gleichnamige Film mit Heinz Rühmann aus dem Jahre 1944 wurde zu einem Kassenschlager und wird bis zum heutigen Tage aufgeführt – als Event in Kinos und Hörsälen wie auch im Fernsehen. Und das Theaterstück gehört seit rund 30 Jahren zu den absoluten Kultstücken, wurde zu einer der meistgespielten Komödien auf deutschen Theaterbühnen. Und was das Besondere an der „Feuerzangenbowle“ ist: Der Mann, der Hans Pfeiffer war, heißt in Wahrheit Hans Reimann (1889–1969). Und der hat nicht nur in Schmalenbeck gelebt, sondern der war auch häufig in Ahrensburg, wo er oft und gern mit seiner Frau Wilma ins Kino bzw. Lichtspieltheater gegangen ist.
Zur Erläuterung: Mit dem Roman „Die Feuerzangenbowle“ wurde der Schriftsteller und Rechtsanwalt Heinrich Spoerl (1887–1955) berühmt. Dieses Werk wird heute in aller Regel an erster Stelle genannt, wenn vom Dichter Heinrich Spoerl die Rede ist. Und ein Mann mit Namen Joseph Anton Kruse, früher mal Direktor vom Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf, wo der Nachlass von Heinrich Spoerl archiviert ist, dieser Mann hat bis heute alles drangesetzt, zu verschleiern, dass Spoerl gar nicht der Alleinurheber des Romans ist, weil Hans Reimann nach Behauptung von Kruse angeblich nur wenig dazu beigetragen hat. Wobei der Mann sich nicht gescheut hat, im Auftrag des Droste-Verlages nachweisbar falsche Tatsachen über die Entstehung des Romans zu veröffentlichen und Dokumente zu verstecken, damit der Ruhm von Heinrich Spoerl nicht geschmälert werden soll.
Aber ein Briefwechsel zwischen Reimann und Spoerl während ihrer Zusammenarbeit beweist genauso wie die Aussagen von Zeitzeugen, dass der Roman „Die Feuerzangenbowle“ von beiden Autoren gemeinsam verfasst worden ist. Und Tatsache ist: Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 03.03.1959 – I ZR 17/58 – (OLG München) festgehalten, dass beide Autoren „1933 die ‚Feuerzangenbowle’ unter dem Namen Spoerls hatten erscheinen lassen und hierbei dieselbe Gewinnbeteiligung vereinbart hatten“.
Auch im Vertrag mit der Cicero-Film über die Veräußerung der Filmrechte, der gemeinsam von Dr. Heinrich Spoerl und Hans Reimann handschriftlich unterzeichnet wurde, ist festgehalten, dass der Roman „Die Feuerzangenbowle“ verfasst wurde von beiden Schriftstellern, und dass auch beide ihre Rechte an die Filmfirma übertragen (Quelle: Deutsches Literaturarchiv in Marbach). Verkauft haben beide Autoren die Verfilmungsrechte damals zusammen für 5.000 Reichsmark – nicht ahnend, was für ein Erfolg der Film später einmal werden würde.
Wie kam es zur Zusammenarbeit zwischen Hans Reimann und Heinrich Spoerl?
Heinrich Spoerl, Anfang der 30er Jahre ein unbekannter und nicht sonderlich erfolgreicher Rechtsanwalt und Hobbyschriftsteller, hatte den Kontakt aufgenommen zu Hans Reimann, der zu jener Zeit ein sehr bekannter und überaus erfolgreicher Schriftsteller und Kabarettist gewesen ist. Beide zusammen schrieben dann nach einer Idee von Spoerl ein Lustspiel mit dem Titel „Der beschleunigte Personenzug“ (später von Spoerl im Alleingang unter dem Titel „Wenn wir alle Engel wären“ als Buch und Film umgeschrieben). Das Bühnenstück wurde ein Erfolg, und beide Autoren beschlossen eine weitere Zusammenarbeit und wurden dabei Freunde, wobei Reimann dem Freund den Namen „Hinrich“ gab.
Und wie ist es dann zur “Feuerzangenbowle” gekommen, wo der Name Hans Reimann nicht auf dem Cover des Buches erscheint? Die Hintergründe schildert Hans Reimann in seinen Lebenserinnerungen “Mein blaues Wunder”, 1959 (List-Verlag). Hier die Originalpassage:
“In einem Münchener Antiquariat hatte ich Ernst Ecksteins ‘Besuch im Karzer’, ein Reclamheftchen erstanden und während der Bahnfahrt gelesen. Dann gab ich’s Hinrich, der die ganze Zeit über, mich beobachtend, vorsichtig mitlächelte. Noch bevor wir in Leoni landeten, stand für uns beide fest: Es wird kein Stück geschrieben, sondern ein Film. Was dabei herauskam, wurde von mir ‘Die Feuerzangenbowle’ betitelt. Hinrich, der gewissenhafte Arbeiter, ging gern auf Nummer Sicher. Wir schrieben also nicht – wir entwarfen. Das dauerte etwa einen Monat. Dann brachte ich’s zu Papier, Hinrich fuhr nach München und diktierte das umfangreiche Exposé in einem Büro. Den Schluss hatte er, mit aller gebotenen Zurückhaltung übermütig werdend, allein konstruiert.
Das Exposé reichten wir nirgends ein. Hinrichs Exaktheit schien auf mich übergegriffen zu haben. Jedenfalls bestand ich darauf, dass wir keinesfalls in den Stil des angestaubten Eckstein (den wir aber dennoch verwendeten) abglitten, vielmehr zeitgemäß bleiben. Darum bat ich meinen alten Freund Albrecht von Treskow, der jetzt als Landrat in Freystadt (Niederschlesien) amtete, beim Direx eines in seinem Machtbereich liegenden Gymnasiums zu veranlassen, dass ich inkognito eine Zeitlang hospitieren dürfe. Dies in die Reihe zu bringen, war für Treskow ein Kinderspiel. So schnürte ich mein Ränzel und mimte in Neusalz an der Oder einen Herrn von mittleren Jahren, welcher das Abitur nachholen will, um studieren zu können.
Frau von Treskow war eine Gruschwitztochter aus Neusalz, wo sich die Leinenzwirnfabrik befand und auch die Penne, deren ich bedurfte. Der Direx zeigte sich äußerst entgegenkommend, instruierte die Lehrer (unter Verschweigung des wirklichen Sachverhalts), ich bekam im Hintergrund ein Bänkchen für mich, frischte Erinnerungen auf, lernte etliches hinzu und formte aus dem Exposé einen Roman, den ich daheim (anschließend an meinen Aufenthalt in dem Oderstädtchen) binnen drei Wochen zu Papier brachte. Hinrich, dem ich plein pouvoir erteilt hatte, milderte allzu krasse Stellen, erfand einen netten Vorspann, ließ das Ganze vervielfältigen.
Inzwischen war das Jahr 1932 angebrochen, ich wurde aus Gründen, von denen ich gleich reden werde, teils glorifiziert, teils angepöbelt, bat also meinen ungeduldigen Sozius, den Roman unter seinem Namen bei denjenigen Verlagen einzureichen, die mir geeignet schienen. Die Insel, Jakob Hegner, Diederichs, S. Fischer und ähnlich vornehme Unternehmen schieden von vornherein aus. Immerhin notierte ich etwa zwei Dutzend Firmen, die in Betracht kamen.
Bis Mitte 32 offerierte Hinrich die ‘Bowle’ insgesamt siebzehn deutschen Verlegern. Keiner nahm das Manuskript. Ich wiederhole: von Albert Langen bis Piper & Co, von Georg Müller bis Ullstein lehnten siebzehn Verlage die immer wieder neu getippte ‘Feuerzangenbowle’ ab. Mit meinem Einverständnis überreichte der langsam verzweifelte Hinrich im Sommer 1932 unser armes Kind dem Verlag einer Düsseldorfer Zeitung, für die er hie und da kleine Plaudereien lieferte. Dank seiner Beliebtheit und Überredungskunst gelang es ihm, den Droste-Verlag zur Annahme der ‚Bowle’ zu bewegen. Meines Wissens war es das erste Buch, das Droste herausbrachte. In einer Auflage von dreitausend Stück, trist gewandet, auf mäßigem Papier gedruckt, zu einem geringen Preis. Ein Exemplar geriet dem Schwager Heinz Rühmanns in die Finger. Hinrich verwies ihn an mich. Bernheim und ich wurden uns rasch einig. Nach meiner Rückkehr aus dem Orient schrieb ich ein Drehbuch, 1933 ging der Film ins Atelier (Cicerostraße). Er hieß ‘So ein Flegel!’. Stemmle führte Regie.”
So weit die Geschichte der „Feuerzangenbowle“. Ein Roman, der in einer Zeit entstanden ist, als Hans Reimann nicht mehr frei arbeiten durfte und einige seiner Bücher von den Nazis auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ gesetzt wurden.
Wen das Thema “Feuerzangenbowle” noch mehr interessiert, dem empfehle ich das Buch von Oliver Ohmann: “Heinz Rühmann und ‘Die Feuerzangenbowle’ – Die Geschichte eines Filmklassikers” (Lehmstedt-Verlag). Der Berliner Journalist Oliver Ohmann hat die Spuren um die Entstehung des Filmes verfolgt, konnte noch mit letzten überlebenden Darstellern sprechen, die inzwischen nicht mehr unter uns sind. Zwar ist das Buch beim Verlag vergriffen, aber es lässt sich noch im Internet finden.