Bei Lilliveeh auf ahrensburg24 (Partner: Stadtwerke Ahrensburg) las ich einen Beitrag über eine Dame aus Bargteheide, die Kulturführungen in Ahrensburg macht. Eine Historikerin. Und sie sagt: “Ahrensburg hat sich vor allem durch die Politik Heinrich Carl Schimmelmann entscheidend verändert. Ja – ich weiß”, ergänzt sie schnell, “er war ein Sklavenhändler. Aber blicken wir einfach mal auf das, was er für Ahrensburg getan hat, sehen wir auch seine visionäre Seite.”
Ich finde eine solche Rechtfertigung einfach zum Kotzen. Heinrich Carl Schimmelmann war ein ganz übler Patron, der sein Vermögen mit weltweitem Sklavenhandel kassiert hat. Wer sich mal mit dem Thema Sklavenhandel in jener Zeit befasst hat, der weiß, dass dieses eines der grausamsten Kapitel der Menschheitsgeschichte gewesen ist. Ganz, ganz übel, und zwar ohne Wenn und Aber. Und der Herr Graf hat seinen Sklaven mit einem Brandeisen ein „S“ auf die Stirn gebrannt, so wird berichtet.
Dass heute noch ein Bild des Horror-Grafen im Schloss hängt und eine Straße in Ahrensburg den Namen „Schimmelmannstraße“ trägt, ist höchst verwunderlich. Denn die Große Straße heißt ja auch nicht mehr wie früher Adolf-Hitler-Allee.
Ach ja, „was er für Ahrensburg getan hat“, der Sklavenhändler. Die Feststellung sollte aber nicht lauten, was er getan hat, sondern womit er es getan hat, nämlich mit dem Geld aus dem Sklaven- und Waffenhandel. Frage: Können wir Ahrensburger wirklich stolz sein, so einen furchtbaren Menschenquäler in unserer Stadt gehabt zu haben…?
Erstaunlich, was in den letzten Jahrzehnten alles von einigen Ahrensburgern getan wurde, um die Verdienste von Alfred Rust und Waldemar Bonsels zu schmälern, weil sie keinen Widerstand gegen ein menschenverachtendes, mörderisches System geleistet haben.
Einen lautstarken Protest gegen die andauernde Würdigung des Sklavenhändlers (und damit auch den Mordbuben Schimmelmann) konnte ich in den letzten Jahrzehnten nicht vernehmen. Was er Tausenden von Menschen angetan und sich dadurch bereichert hat, wird gern verdrängt oder nur in einem Nebensatz erwähnt.
Ich habe den Eindruck, dass z.B. auch die junge Stadtführerin gar keine Ahnung hat, was Sklavenhandel und das Dasein als Sklave damals (und heute) überhaupt bedeutet hat – sonst könnte sie nicht so leicht darüber hinweggehen!
S. Heinrich
PS. Meine Bitte: Nennen Sie doch Frau Veeh zukünftig einfach Frau Veeh. Mir würde es nicht gefallen, wenn mein Name ständig von jemandem ins Lächerliche gezogen würde.
Solange Frau Veeh nicht vorschriftsmäßig Werbung und Redaktion trennt und damit ihren Lesern Märchen als Informationen andreht, bleibt sie bei mir folgerichtig Lilliveeh.
Warum nennen Sie Schimmelmann einen “Mordbuben”…?
Hallo, Herr Dzubilla,
zunächst möchte ich weit, weit von mir weisen, dass ich für Menschenhandel, Unterjochung, Gewalt gegen Mitmenschen usw. bin.
Aber seit der Mensch Ackerbau und Viehzucht betreibt und damit wertvolle Nahrung hortet, also Eigentum besitzt, gibt es Mord und Totschlag, Raub und Sklaverei. In antiken Schriften ist zu lesen, dass die große Mehrheit der Bürger der antiken Staaten unfrei war – also in Sklaverei lebte. Es war der Normalzustand für die Betroffenen, einem anderen Menschen der Oberschicht zu gehören. Dieser sorgte für den Lebensunterhalt, durfte bei Ungehorsam bestrafen und sein Eigentum verkaufen. Dies war bis ins 18./19. Jahrhundert für alle Beteiligten der Normalfall.
Erst Ende des 18. Jahrhunderts meldeten sich in England Gegner der Sklaverei zu Wort. Die Französische Revolution wirkte mit. Anfang des 19. Jahrhunderts waren weltweit die Engländer die erste Nation, die die Sklaverei abschafften (In den Kolonien dauerte sie aber noch lange an.).
Mit der Aufklärung begann die Freiheit. Aber überall in der Welt gibt es auch heute noch Sklaverei.
Früher war Leibeigenschaft normal. Heute, wo versklavte Menschen zumeist soweit aufgeklärt sind, dass sie wissen, dass sie freie Menschen sind, ist es nicht nur nach den Menschenrechten ein Verbrechen.
Vor einiger Zeit unterhielt ich mich auf einer langen Autofahrt mit einem Kollegen afghanischer Herkunft u.a. über Sklaverei. Er erklärte, dass es in seiner Heimat noch immer Sklaverei gibt. Er gestand auch ein, dass fast alle Frauen in der patriarchischen Moslemwelt Sklavinnen sind.
Als ich ihm sagte, dass er ebenfalls ein Sklave sei, ein moderner Sklave, der gar nicht bemerkt, dass er versklavt ist, blickte er ungläubig. Im Römischen Reich konnte Sklaven viel Geld verdienen und es zum Teil auch behalten. Hatten sie genug Geld, konnten sie sich freikaufen. Heute begeben wir uns für Geld freiwillig in die moderne Sklaverei. Wir sind zwar durch Gesetze geschützt, müssen aber dennoch füh aufstehen und unbezahlte Überstunden durch Lernen usw. machen. Wir tun sonstwas, um unseren Arbeitsplatz und damit die Geldquelle zu erhalten. Wir bekommen Mindestlöhne, um einen unteren Standart zu sichern. Früher bekam der Unfreie mindestens Unterkunft, Kleidung und Nahrung. Heute müssen wir uns darum auch noch selber kümmern. Wer nicht funktioniert und nicht arbeiten will, wird ausgesteuert. Wir haben ein soziales Netz. Es ist die Ausnahme in unserer Welt. Wir Unfreien schuften freiwillig Tag für Tag, um freier zu werden und nicht als Unterprivilegierte durch alle Roste zu fallen.
Das 1000jährige Reich hat gezeigt, dass selbst die arischen Reichsbürger Leibeigene waren.
Neue Gesetze dürfen nicht dazu dienen, Verstöße in der Vergangenheit zu ahnden. Bis 1945 war es nicht strafbar, in einem plötzlich verbotenen Verein gewesen zu sein
Wir leben in einem normalen Alltag.
Graf Schimmelmann lebte auch seinen normalen Alltag.
Ich war auf einer seiner Inseln. Ich habe ihn nachts gesehen: als Schimmelreiter an der Altona-Lagune.
Mit schwafelnden Grüßen
Wolfgang König
Es gab und gibt auch Mörder. Man kann deren Tun nicht verteidigen mit der Erklärung, dass es schon seit Kain und Abel so gewesen ist. Und zwischen Besitz von Leibeigenen und Massenhandel mit Sklaven sehe ich auch Unterschiede.
Ach, ja, ich vergaß die Leiharbeiter und Erntehelfer.
Um es mal deutlich vor Augen zu führen: Eine Familie wurde in die Sklaverei getrieben. Der Vater wurde als Sklave auf eine Galeere verkauft, die Mutter als Baumwollpflückerin. Und die Kinder wurden den Eltern entrissen, voneinander getrennt und als Lustknaben und Tanzmädchen in den Orient verscherbelt. Klar, war damals so üblich. Und der Sklavenhändler saß in Ahrensburg im Schloss und zählte sein Geld, um damit Gutes zu tun. Weshalb man zur Erinnerung sein Bildnis dort heute noch hängen hat. Als Symbol für die Gesellschaft von Ahrensburg…?
Ich möchte dazu ergänzen, dass Hunderte die mörderische Überfahrt von Afrika nach Amerika gar nicht erst überlebt haben. Wer Schimmelmann immer noch weitestgehend als milden Wohltäter für Ahrensburg sehen möchte, sollte sich für den Anfang einmal etwas genauer nur über die Bedingungen informieren, welche die Menschen allein schon während der Überfahrt zu erleiden hatten!
Schon bemerkenswert, dass Leute wie Schimmelmann selbst heute noch überwiegend positiv gesehen werden – zumindest in Ahrensburg.
Wie wär’s, einen Raum im Schloss der finsteren Seite des Herrn Grafen zu widmen? Kann einen ja niemand zwingen, da reinzugehen; die Nachfahren werden wohl nichts dagegen haben – da gab es einige anständige Leute.
Aufarbeitung von dunkler Geschichte ist doch sonst immer angesagt!
Ich werde jedenfalls keinem meiner Gäste mehr den Besuch von dem Haus mit all dem Protz schmackhaft machen – jetzt, wo ich weiß, wie der zustandegekommen ist.
Hallo Frau Heinrich,
Sie meinten wohl, dass Hunderttausende , wenn nicht sogar Millionen , das nicht überlebt haben. Heutzutage würde man von Völkermord sprechen. Und das geschah zu einer Zeit, in der in Europa bereits über die Menschen -und Bürgerrrechte diskutiert wurde.
Beste Grüße
Thomas H.