Thomas Bellizzi (FDP): “Es ist gewollt, dass der Bürgermeister versucht…”

Ich schätze Thomas Bellizzi, Fraktionschef der FDP in der Ahrensburger Stadtverordneten-Versammlung, durchaus als Person und Politiker. Er ist redegewandt, hat Witz und trifft mit seinen Bemerkungen nicht selten ins Schwarze, besonders dann, wenn er dem zur Zeit noch amtierenden Bürgermeister mangelnde Qualität bei dessen Arbeit bescheinigt hat. Und in seinem jugendlichen Alter darf der Feuerkopf Bellizzi auch hin und wieder mal über das Ziel hinausschießen – so wie heute in der Stormarn-Beilage.

Abbildung: Stormarn-Beilage im Hamburger Abendblatt

Abbildung: Stormarn-Beilage im Hamburger Abendblatt

Dort werden Politiker aller Fraktionen befragt: “Wie politisch ist das Amt des Bürgermeisters?” Was natürlich eine Quatschfrage vom Wendler ist, weil der wissen muss, dass der Bürgermeister von Ahrensburg quasi die “Behörde” der Stadt und damit ein Teil der Exekutive ist und deshalb als Organ des Staates gem. Art. 21 Abs. I GG das Neutralitätsgebot zu beachten hat. Dieses Gesetz ist vorrangig von Bedeutung vor dem Hintergrund der Chancengleichheit der politischen Parteien in der Stadt.

Aber kommen wir zum Statement von Thomas Bellizzi, der uns Bürgern erklärt: “Der Bürgermeister ist in erster Linie Chef der Verwaltung und damit ausführendes Organ der Stadtverordnetenversammlung. Er kann zwar versuchen, eigene Impulse bei Themen zu setzen – was sehr wohl gewollt ist –, ist aber immer auf eine Mehrheit bei den Stadtverordneten angewiesen.”

“Er kann zwar versuchen … was sehr wohl gewollt ist”. Das ist lustig, lieber Thomas Bellizzi, und gehört eigentlich auf die Witzseite der Zeitung – obwohl wir bei der Stormarn-Beilage ja ohnehin nicht wissen, welches die Witzseite ist oder nicht. 😉

Und Sie schreiben weiter: “Es ist deshalb verwunderlich, dass einige Kandidaten behaupten, zukünftig Projekte – wie zum Beispiel bezahlbaren Wohnraum, Stadtmarketing und Gewerbeansiedlung – schneller und anders umzusetzen, da sie bei solchen Themen auf die Politik angewiesen sind und sich hier immer wieder die Mehrheit gegen diese wichtigen Projekte ausgesprochen hat.” Und der FDP-Mann kommt zum Schluss: “In meinen Augen wird mit solchen Aussagen versucht, den Wähler zu täuschen (Komma?) um eine Wahl zu gewinnen.”

Glauben Sie das, was Sie schreiben, eigentlich selber, lieber Thomas Bellizzi? Und warum, glauben Sie, wählen wir Bürger unseren Meister, der mehr Stimmen bekommt als die Mitglieder jeder Fraktion zusammengenommen, wenn der Bürgermeister anschließend doch nur ein Strohmann der Politik sein soll und gar nicht in der Lage ist, Projekte schneller und anders umzusetzen?

 Ich bin kein Politiker, aber ich habe erkannt und anderen Ortes gesehen: Ein Bürgermeister, der mit guten Anträgen auf die Politik zukommt und in der Lage ist, die Mehrheit in den Fraktionen von der Qualität seiner Vorstellungen zu überzeugen, der wird auch seine Projekte umsetzen können, zumal keine Partei in Ahrensburg die absolute Mehrheit hat. Dass Sarach dieses in Vergangenheit nicht geschafft hat, könnte daran liegen, dass er weder zu bezahlbarem Wohnraum, noch zu vernünftigem Stadtmarketing oder gar zum Thema Gewerbeansiedlung überzeugende Gedanken vorgetragen hat, die er an die Politik hätte “verkaufen” können – ganz abgesehen davon, dass er bei vielen Politikern nicht als ernstzunehmender Gesprächspartner gilt, nicht mal in der SPD, wie ich vermute.

Das sollten Sie, ungläubiger Thomas, eigentlich wissen, denn Sie waren doch von Anfang an mit dabei in den Versammlungen der Stadtverordneten im Marstall, oder…?

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 25. September 2015

3 Gedanken zu „Thomas Bellizzi (FDP): “Es ist gewollt, dass der Bürgermeister versucht…”

  1. T. Khayat

    Lieber Herr Dzubilla,

    Ich möchte Ihnen heute gerne insoweit beipflichten, als die kostenintensive Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters nicht nur ein Indiz, sondern gerade als Beweis dafür fungiert, dass das Amt des Bürgermeisters politischer Natur ist.

    Juristen pflegen die Aufgabenverteilung vereinfacht wie folgt zu umschreiben: Die ehrenamtlichen Stadtverordneten entscheiden über das “Ob” (z.B. Verschönerung des Rathauses); der Bürgermeister entscheidet über das “Wie” (Rathaus in Rosa?) einer Maßnahme. Der Entscheidung über das “Ob” einer Maßnahme ist eine gestalterische Vision zwingend vorgeschaltet. Deutlicher: Ohne eine Maßnahme (Idee für ein Projekt) kann auch der klügste Politiker nicht über das “Ob” entscheiden.

    Die Frage ist also, wer ist der Initiativgeber, der Motor einer Stadt? Da wir uns in der GemO aber dazu entschieden haben, dass die Stadtverordneten ihre Tätigkeit ehrenamtlich, also unentgeltlich ausüben, darf ich von diesen nicht erwarten, dass sie jede Innovation kennen und diese als Idee für unsere Stadt ausarbeiten. Demgegenüber erwarte ich von der Verwaltung inklusive ihres Chefs, die allesamt mit üppigen Gehältern ausgestattet sind, dass sie sich auch über die Zukunft unserer Stadt Gedanken machen.

    Ein guter Bürgermeister ergreift m.E. die Initiative und entwickelt Ideen, stößt Innovationen an. Diese kann er den Stadtverordneten zur Entscheidung über das “Ob” vorlegen. Will er ein Projekt durchsetzen, so muss er sich in einem demokratisch organisierten Staat Mehrheiten besorgen und Kompromisse eingehen! Diese Sichtweise wird auch durch § 50 Abs. 1 GemO SH unterstützt, der dem Bürgermeister nicht nur die Aufgabe zuordnet, die Beschlüsse der Gemeindevertretung [der ehrenamtlichen Politiker] umzusetzen, sondern auch “vorzubereiten”. Wer hier den politischen Charakter nicht erkennt, dem sei gesagt: “Wo der Wille scheitert, fängt das Chaos an.”

    Überzeugt hat mich das Statement von Monja Löwer. Viel schlimmer als die evident falschen Aussagen von Herrn Bellizzi, ja sogar als skandalös empfinde ich das Statement von Herrn Möller, der wie folgt beginnt: “Im Kommentar zur GemO wird festgestellt, […]”. Für die Nichtjuristen: Als “Kommentar” bezeichnet man ein Buch, indem EIN Autor seine Meinung kundtut, wie eine Gesetzesvorschrift auszulegen, also zu interpretieren ist. Mehr möchte ich dazu nicht sagen! Inhaltlich sehe ich ein Widerspruch zur Ansicht seines Fraktionskollegen – Herrn Ekert –, der kürzlich erst im Markt behauptete, das Amt des Bürgermeisters sei nicht politisch! Unabhängig davon bleibt für mich eine Frage offen, lieber Herr Möller, welche Initiative hat Ihr “gut gemacht”-Bürgermeister ergriffen und welche Anregungen hat er gegeben? Bitte klären Sie mich doch als Neubürger auf.

    Mit besten Grüßen

    T. Khayat

    1. Harald Dzubilla Artikelautor

      Lieber Herr Khayat,

      “Politik” ist ein sehr umfassender Begriff, denn auch privat kann jeder Mensch, z. B. in einem Verein, Politik machen, sprich: Vereinspolitik. Im Falle des Bürgermeisters ist aber wohl “Parteipolitik” gemeint, und zwar derjenigen Partei, der ein Bürgermeister angehört. Und das geht gar nicht. Weil der Bürgermeister von Ahrensburg kein Regierender Bürgermeister ist wie z. B. der in Hamburg oder Berlin.

      Ich bleibe bei meiner Meinung und wiederhole, “dass der Bürgermeister von Ahrensburg quasi die „Behörde“ der Stadt und damit ein Teil der Exekutive ist und deshalb als Organ des Staates gem. Art. 21 Abs. I GG das Neutralitätsgebot zu beachten hat. Dieses Gesetz ist vorrangig von Bedeutung vor dem Hintergrund der Chancengleichheit der politischen Parteien in der Stadt.”

      Und wenn Herr Eckert – ausnahmsweise mal richtig – behauptet, das Amt des Bürgermeisters ist nicht politisch (im Sinn einer Partei), dann muss er sich fragen lassen: Welche politische Rolle spielt eigentlich die AWO in Ahrensburg, die sogar einen Lobbyisten in der Stadtverordneten-Versammlung hat? Müsste der Mann sich als Interessenvertreter nicht bei vielen Beratungen vor die Tür begeben und sich bei diversen Abstimmungen seiner Stimme enthalten?

      Mit freundlichen Grüßen
      Harald Dzubilla

  2. H.J. Lange

    Bisher war die Meinung über die Aufgaben eines Meisters aller Bürger
    von einem Liberalen, einem “Juristen” und einem Blogger zu lesen.
    Nun folgt der Erfahrungsbericht eines Realisten:

    Titel:
    Graue Theorie und schillernde Praxis.

    Der Gesetzgeber hat der “kommunalen Selbstverwaltung” einen vielfältigen „gesetzlichen Handlungsrahmen“ vorgegeben, der sich im praktischen Zusammenspiel aus Verwaltung und Volksvertretern zu häufig als akademische Theorie entpuppt.
    In der Praxis wird der Bruch von Gesetzen in jeder nur denkbaren Ausprägung nachweisbar und in den bekannten Bau-Skandalen augenscheinlich: Der Kommerz bestimmt das Tun.

    Die kommunale Selbstverwaltung wird zwar von den Bürgern beauftragt und bezahlt. Sie ist aber zugleich Teil staatlicher Administration, die nachweislich und auf jeder Ebene zu häufig nicht willens oder in der Lage ist, den Interessen der Bürger zu dienen, sondern dem Selbstschutz der Verwaltungsbehörden.

    Parteiliche Ideologien, monetäre Interessen und persönliche Animositäten bestimmen die alltägliche Praxis der “kommunalen Selbstverwaltung” einer Kleinstadt wie Ahrensburg.
    Die Interessen der Allgemeinheit bleiben zu häufig auf der Strecke.
    Das Kontroll- und Initiativrecht der Vertreter aller Bürger wird nicht angewendet.
    Die Gemeinschaft aller Bürger (“der Staat”) unterhält zwar für die schlimmsten Gesetzesverstöße die Staatsanwaltschaft – der Bürger selbst hat indes keinen Bürgeranwalt, um gegenüber “seinem Staat” bestehen zu können.
    Mit dem Wahl-Kreuz hat der sehr geehrte Souverän seine Herrschaft abgegeben:
    Die Bürger stören eigentlich nur noch die Kreise der “Wir-machen-das-schon”.

    Auf diesem weiten Feld hat ein Bürgermeister zu ackern.
    Die Feldfrüchte zeigen dessen Fähigkeiten.
    Liegt der Acker brach, muss ein anderer Meister bestellt werden.

    HJL

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