Der Aufmacher der heutigen Stormarn-Ausgabe stammt aus Wesenberg und trägt die Schlagzeile: „Verzweifelte Eltern fragen: Wo ist Karina?“ Und weil das ziemlich dramatisch klingt, fangen wir an zu lesen und fragen uns nach Lektüre: Was soll das?
Natürlich ist es schmerzhaft für die Eltern, wenn sie befürchten müssen, dass ihr Kind in „schlechte Hände“ gekommen ist wie z. B. in die einer Sekte. Aber das wird hier nur als Vermutung geäußert. Und auch die Frage aus der Überschrift wird im Text beantwortet: Die kleine Karina, die heute 30 (!) Jahre alt ist und vor sieben Jahren den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen hat, wohnt offensichtlich in Berlin, wo sie behördlich gemeldet ist. Und die Polizei hat den Eltern angeblich eine falsche Auskunft erteilt.
Mit anderen Worten: Die Eltern hätten sich nicht an die Redaktion der Stormarn-Beilage wenden sollen, weil die Leser vermutlich gar nicht wissen, wo Karina ist, sondern sie hätten zu einer Berliner Tageszeitung gehen müssen, wenn sie sicher sind, dass ihre Tochter sich unfreiwillig nicht meldet oder dass sogar noch Schlimmeres passiert ist. Dass sie nun ihre Köpfe riesengroß in der Stormarn-Beilage hinhalten – der Vater schmunzelt dabei sogar – und sich bei uns Lesern erkundigen, wo Karina ist, zeugt in meinen Augen von einer gewissen Unreife dieser Menschen, mag ihr Schmerz auch groß sein. Und es zeugt von der Einfalt der Praktikantin Schreiberin Julia Witte von der Stormarn-Beilage, die sich dieses Aufmacher-Thema vom Wesenberger Boulevard aus den Fingerchen gelutscht hat.