Stadtverordneten-Versammlung: Schüler mussten heute im Marstall keine Winterjacken tragen!

Heute gab es in der Stadtverordneten-Versammlung einen erfreulichen Anblick: Drei Stuhlreihen im Publikum waren besetzt mit jugendlichen Zuhörern. Es waren dieses Schülerinnen und Schüler der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule, die der Arbeitsgruppe “Wirtschaft & Politik” angehören. Die jungen Damen und Herren kamen zum einen, um den schulischen Unterricht zu ergänzen durch Einblick in die politische “Praxis”, und zum anderen nutzte ihr Sprecher die Gelegenheit, in der Einwohner-Fragestunde den Unmut der Schüler auszusprechen.

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Und wogegen richtete sich dieser Unmut? Um es kurz darzustellen:  Es gibt im Schulgebäude der Selma-Lagerlöf-Schule schon seit langem Räume, in denen der Unterricht an kühlen Tagen nur mit Jacken und Mänteln möglich ist – von kalten Tagen gar nicht zu reden. Das Ausweichen auf Klassenräume in der Fritz-Reuter-Schule ist auch keine annehmbare Lösung wegen der Entfernung und der dortigen Aufenthaltsmöglichkeit.

Bestätigung von Bürgermeister Michael Sarach: Ja, die Unterbringung ist alles andere als akzeptabel, das Problem ist der Verwaltung auch schon länger bekannt. Leider dauert das Provisorium länger an als ursprünglich erwartet. Und der Bürgermeister versprach: “In 2017 werden benötigte Räume realisiert.”

Hierzu muss ich anmerken, dass ich mich bestimmt verhört habe. Denn diese Antwort an die Schüler wäre Realsatire, nicht zuletzt weil die Jungen und Mädchen im Jahre 2017 die Schule schon  lange hinter sich gebracht  haben. Richtig ist wohl: 2014. Aber das eindringliche Wort ihres Sprechers an die Stadtverordneten-Versammlung habe ich deutlich wahrgenommen: “Wir leben in einem der wirtschaftsstärksten Länder der Welt, und wir Schüler müssen mit Winterjacken im Unterricht sitzen!”

Ein zweites  bemerkenswertes Thema des heutigen Abends war: Denkmalschutz für das Rathaus von Ahrensburg. Ein Thema, das ursprünglich nicht im öffentlichen Teil behandelt werden sollte, dann aber nach Abstimmung der Stadtverordneten doch vor den Augen und Ohren der Bürger diskutiert und abgestimmt wurde.

Wie Sie wissen, ist der Denkmalschutz  für das Verwaltungsgebäude umstritten, bei den Politikern nicht zuletzt deswegen, weil die meisten der Damen und Herren der Meinung sind, dass der Denkmalschutz die Stadt teuer zu stehen kommt, da alles, was hernach am Rathaus saniert oder verändert werden muss, teurer wird. Und ein Abriss ist dann auch nicht mehr möglich. Tobias Koch (CDU) wies außerdem darauf hin, dass sowohl der Rathausplatz wie auch der Stormarnplatz in Zukunft nicht mehr frei gestaltet werden könnten, weil der Blick auf das Rathaus durch nichts getrübt werden darf.

Und so soll denn ein Gutachten erstellt werden. Für 20.000 Euro. Und dieses Gutachten soll im Ergebnis ein Gegen-Gutachten werden zum Gutachten der Denkmalspfleger. Damit die Verwaltung bei einem Einspruch gegen die Denkmalschutzbehörde was auf den Tisch des Richters legen kann.  Mit anderen Worten: Man will eigentlich keinen neutralen Gutachter, sondern einen, der dem Denkmalschutz Paroli bietet.

Und was ist, wenn der Gutachter der Stadt das Gutachten der Denkmalschützer bestätigt? Dann haben wir wieder mal freihändig 20.000 Euro aus dem Fenster geschmissen.

Mit 18 Stimmen dafür, 6 dagegen (aus SPD) und 4 Enthaltungen wurde der Antrag angenommen. Ich hätte die 20.000 Euro genommen und damit eine Bürgerwahl zu diesem Thema gemacht. Vielleicht gibt es ja doch mehr Bürger als die Politiker ahnen, die stolz wären, wenn ihr Rathaus als Denkmal geschützt wird. Was in Deutschland übrigens nicht so häufig vorkommt.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 23. September 2013

9 Gedanken zu „Stadtverordneten-Versammlung: Schüler mussten heute im Marstall keine Winterjacken tragen!

  1. Stiller Beobachter

    Für mich sind die Redaktion der Stormarnbeilage, Herr Bellizzi und Herr Tobias Koch nichts anderes als der verlängerte Arm und das Sprachrohr von Investoren. Wenn Tobias Koch fürchtet, dass bei einer Unterschutzstellung des Rathauses der Rathausplatz nicht mehr frei gestaltet werden kann, heißt das nichts anderes als das: “Der Investor, dem ein Teil des Platzes gehört, kann in diesem Fall dort nicht mehr bauen und zusätzliche Verkaufsflächen einrichten (die so genannte Thielesche Markthalle)”. Auch das Standardargument, dass die Unterschutzstellung zu teuer würde, ist nur vorgeschoben , weil nicht belegt. Auch der Rückkauf des Erlenhofgeländes war seinerseits von Tobias Koch verhindert worden, und zwar genau mit dem gleichen Argument, also zu teuer. Es ist sehr schade, dass viele Stadtverordnete und Bürger diese Tricks nicht durchschauen, weil sie nur das Abendblatt oder den Markt lesen.

  2. Uwe John

    Herr Dzubilla,
    aber, aber – wo und in welcher Zeit leben wir? Kalte Klassenräume kenne ich aus dem Jahr 1946. Mein Vorschlag, die 20.000 Euro für das Gutachten sollten die Politiker in Heizöfen für die kalten Klassen anlegen. Investition in die Jugend. Das ist eine Anlage für die Zukunft.
    Grüße
    Uwe John
    PS.: Wer ist “Stiller Beobachter”. Ein Feigling? Schämt er sich für seinen Namen?
    D.O.

    1. Harald Dzubilla Artikelautor

      Herr John – ich wiederhole zum wiederholten Male in Wiederholung: Es gibt Mitbürger, die haben einen Grund, ihren Namen nicht zu nennen. Auch die Autoren, die unter dem Pseudonym “William Shakespeare” schrieben, haben ihre Namen aus naheliegenden Gründen nicht genannt. Für eine Veröffentlichung ist mich ausschlaggebend, dass der Absender mir bekannt ist und dass der Kommentar niemanden verunglimpft. Dass alle Kommentatoren unsere lieben Politiker “härter anpacken” dürfen (genauso wie ich es tue), das ist geltendes Recht in Deutschland und wird unter Meinungsfreiheit im GG abgedeckt. “Stiller Beobachter” ist kein Feigling, ganz im Gegenteil.

  3. Wolfgang König

    Hallo, Herr Dzubilla,
    nun kann ich es mir nicht verkneifen – ich muss mal wieder. Bei der Selnma- Lagerlöf-Schule denke ich immer an Rentierjäger in Fellen in Zelten am Lagerfeuer. Aber das Frieren dort gehört wohl auch zur Jugendarmut. Ich frage mich ebenso, ob es nach Gesetzeslage statthaft ist, gezielt Privatleute auf`s Bild zu bannen und dieses ohne deren Zustimmung zu veröffentlichen.
    Bei dem Denkmalschutz für das Rathaus liege ich wohl nicht falsch. Ich hatte erwartet, dass Herr Bellizzi mit seiner Forderung nach einer Bürgerabstimmung am 22. 09. durchgekommen wäre.
    Und bei der Osttangente war ich wohl das Zünglein an der Waage – wegen der nicht zukunftorientierten Trassenführung in den Kornkamp.
    Bei Ihren täglichen geschätzten 6.000 Nettolesern ist das Antwortaufkommen sehr gering. Die meisten sind anonym/synonym. Muss ich mir nun Dutzende von synonymen Namen über dieverse Provider ausdenken, um bei Ihnen als Urheber unentdeckt zu bleiben? Gerne sende ich Ihnen die Liste zu. Ich bin unbestechlich und ich habe es auch nicht nötig zu bestechen. Sie können ja einmal mitkommen zu meinen Immobilien. von Schweden bis nach Griechenland. Aber besser nicht. Das wäre ja schon Bestechung.
    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang König

    1. Harald Dzubilla Artikelautor

      Nein, lieber Herr König, natürlich darf man “Privatpersonen” auf öffentlichen Veranstaltungen nicht veröffentlichen. Wenn zum Beispiel die Kamera des Fernsehens bei einem Bundesliga-Spiel ins Publikum fährt, darf das nicht veröffentlicht werden, wenn der TV-Sender sich nicht zuvor bei jeder einzelnen Privatperson eine schriftliche Genehmigung zur Veröffentlichung geholt hat. Genauso, wenn ein Pressefotograf auf dem Stadtfest das Publikum fotografiert: Die 30 Leute auf dem Foto müssen schriftlich erklären, dass sie mit einer Veröffentlichung einverstanden sind. Ist doch logo, oder…? PS: Ich kenne noch mehr solcher Witze, aber wer kann darüber schon lachen. 🙁

  4. Wolfgang König

    Hallo, Herr Dzubilla,
    beim Matjes-Fest in Kikut und beim Stadtfest in Ahrensburg sind wir von der Stormarnbeilage sehr höflich nach der Zustimmung für eine Aufnahme gefragt worden. Und schon waren wir mit Bild und Interview in der Zeitung bzw. im Bildspeicher. Auch bei der Bahnhofseinweihung waren wir dabei. Beim Fest in der Siedlung Am Hagen war ich ungefragt. Ich habe mich ja von der Seite vor den Fototafeln fast selber nicht erkannt – so schlank und gebräunt wie ich bin.
    Ein Foto wird nur dann als Beweismittel anerkannt, wenn zumindest irgendwo direkt auf eine Aufnahme hingewiesen wird. Die gezielte Aufnahme von Gruppen und Einzelpersonen ist genehmigungspflichtig. Bei Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, gibt es Ausnahmen. Kompromittierende Bilder von Personen aus dem öffentlichen Leben können strafbar sein. Die ungewollte Aufnahme von Personen im Hintergrund ist hingegen unstrafbar. Mich hat ein Bettler in China auf Englisch aufgeklärt: entweder Geld oder Polizei wegen Verletzung seiner Eigentumsrechte. Selbst in Australien musste ich zwei Bilder löschen (Bilder von ausgehängten Bildern im Schaufenster).
    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang König

    1. Harald Dzubilla Artikelautor

      Wenn man etwas nicht weiß, Herr König, dann sollte man nachschlagen. Zum Beispiel im Lexikon. Oder in Gesetzestexten. Dort findet man im

      Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG)

      § 23
      (1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
      1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
      2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
      3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;

      4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

      Und das nächste Mal gucken Sie bitte selber nach! 😉

  5. Dustin Holzmann

    Ich möchte anmerken das auch die WAB diesem Antrag (Denkmalschutz Rathaus) nicht zugestimmt hat.
    20.000€ würden wir viel lieber in Horte, Kitas oder Schulen sehen als in einem Gutachten was uns höchst Wahrscheinlich eh nicht hilft. Und wie Herr Haase von der SPD-Fraktion schon anmerkte “Jeder der sich auch nur ein wenig mit der Materie auseinander gesetzt hat (Und das sollten alle Gutachter sein), wird den Denkmalschutz bestätigen”.
    Das Abstimmungsverhalten war bei diesem Antrag übrigens sehr unterschiedlich. Bei der SPD gab es Für- Gegen- und Enthaltung-Stimmen. Genauso bei den Grünen.
    Im Nachhinein habe ich es bereut keine Namentliche Abstimmung zu beantragen, damit wir wenn es schief geht die Namen der verantwortlichen schwarz auf weiß haben welche 20k€ raus geworfen haben ;-).

    Was die SLG angeht: Nach der Umstellung unserer Schulen auf den Inklusiven-Unterricht (Heißt das Klassen einen gewissen Anteil an Schülern aufnehmen muss welche einen erhöhten Förderbedarf haben) fehlen der SLG Gruppenräume. Dies geht auch aus dem SEP (Schul-Entwicklungs-Plan) hervor.
    Ich bezweifle jedoch das diese Räume bis 2017 eine Chance haben gebaut zu werden. Denn: Ahrensburg muss 5mio€ in den Haushaltsausgaben kürzen um einen Ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können. Zumindest für 2014 sehe ich da (zu meinem absolutem bedauern) Schwarz.

    Liebe Grüße,
    Dustin Holzmann
    WAB

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