Szene Ahrensburg
Szene Ahrensburg
Schon mal bei Schuhbeck gegessen? (+1K)
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Und ganz besonders dann, wenn er mit der Deutschen Bahn reist. Auch wenn’s nur eine Fahrt von Ahrensburg nach München und zurück gewesen ist, so habe ich wieder mal was erlebt in der Bahn, von dem ich Ihnen hier berichte
In der Oktober-Ausgabe von „mobil“, dem Magazin für Kunden der Bahn, wird dem Reisenden ein guter Appetit gewünscht, und zwar mit dem Foto vom hochdekorierten Küchenmeister Alfons Schuhbeck und drei abgebildeten Gerichten. Dazu heißt es vielversprechend im Text: „Bei der gastronomischen Jahresaktion ‚Küchenklassiker à la Alfons Schuhbeck‘ stehen im Oktober herbstliche Genüsse wie Gans, Hirsch, Ente sowie Waldpilze im Mittelpunkt – und auf der Speisekarte der ICE-Bordrestaurants.“ Und gezeigt wird neben einem „Hirschschmorbraten in Pilz-Holunder-Sauce mit Rosenkohl und Serviettenknödeln“ auch ein „Gänse-Ragout mit Apfelspalten, Rotkohl und Kartoffelklößchen“.
Ich bin ein Gänse-Fan, und deshalb fiel meine Wahl auf das Gänse-Ragout, wenn Sie sich die Abbildung (oben!) mal anschauen wollen!
Und nun vergleichen Sie bitte den abgebildeten Teller mit dem Teller, der vor dem Gast gestanden hat!
Nein, das ist nicht das berühmte Chili con Carne aus dem Bahnrestaurant, sondern es sind drei Klößchen mit schwimmenden Gänsefleischstückchen und Rotkohl, der in einer Tunke badet, die in ihrer Würze alle Geschmacksnerven total betäubt hat. Kurzkritik: Es schmeckte genauso, wie es aussieht. Und würde Schuhbeck das in seinem neuen „teatro Dolce Vita“ servieren, dann wäre sehr schnell Schluss mit Dolce Vita, weil die Gäste das Essen mit Buh-Rufen quittieren würden.
Es ist kein Geheimnis: Die Gerichte von Schuhbeck und anderen Köchen werden im Bahnrestaurant nur aufgewärmt. Aber sie kommen nicht etwa tiefgekühlt aus einem seiner Restaurants, sondern sie werden irgendwo von irgendjemandem lediglich nach den Rezepten von Alfons Schuhbeck gekocht und in Plastikbeuteln zur Bahn gebracht. Darum steht in der Werbung der Bahn auch „Küchenklassiker à la Alfons Schuhbeck“ und nicht etwa: Küchenklassiker von Alfons Schuhbeck.
Nach Rezepten von Alfons Schuhbeck kochen, das kann nicht nur jede Hausfrau, sondern das kann auch jeder Aushilfskoch in einer drittklassigen Werkskantine. Und stellen Sie sich bitte vor, liebe Szene-Ahrensburg-Leser, der Wirt Ihrer Stammkneipe legt ein Foto beziehungsweise Buch von Alfons Schuhbeck in sein Schaufenster und schreibt dazu: „Gastronomische Aktion: Küchenklassiker à la Alfons Schuhbeck“! Diese Aktion dürfte dem berühmten Meisterkoch genauso schmecken wie mir das Gänse-Ragout im Bordrestaurant der Bahn geschmeckt hat.
Leserkommentar
am 29. Oktober 2011 per E-Mail:
Hallo, Herr Dzubilla,
Glauben Sie, dass die DB in ihren Speisewagen tatsächlich ein sichtbar mageres Einzelmenü für Sie persönlich brät und köchelt?
Ich habe einmal in Nebentätigkeit in einem kleinen Hotel/Restaurant/Bar gearbeitet – als Hobby. Da gab es ein sehr umfangreiches Menü mit diversen Geflügel-, Fleisch- und Fischsorten mit aussuchbaren Beilagen und Gemüsen. Pompös. Die Gäste dachten wohl, ich hätte hinten eine Großküche mit 10 Köchen. Aber unten im Keller standen mehre Tiefkühltruhen mit den einzelnen Gerichten sowie deren Beilagen und Zutaten – eingefroren in Plastiktüten. In zwei großen Töpfen mit ständig heißem Wasser wurden die dann aufgetaut, aufgeschnitten, gekonnt ausgedrückt und innerhalb von 15 Minuten auf heißen Tellern heiß serviert. Die DB wird mit ihrem gekürzten Personal ähnlich verfahren. Aber heute gibt es ja tolle Mikrowellen und mikrowellenbeständige Folien. Damals musste ich immer aufpassen, dass mir bei den Hotdogs nicht die Folie schwarz wegbrennt.
Wenn ich mir das mickrige Gänse-Werbeangebot der DB anschaue und mit Ihrem üppigen Gänse-Teller vergleiche, scheinen Sie von der Menge her zu 250% besser weggekommen zu sein. Der Rest ist eine Frage des Geschmackes und der Optik. Bei so viel Flüssigkeit haben Sie sich sicherlich den Rotwein sparen können.
Solche Nahrungsqualität kenne ich von den Großküchen für Altenheime. Meiner Tante in Preetz hatte ich gesagt, das würde noch nicht einmal ein Tier essen. Das war auch für mich nicht genießbar.
Nehmen Sie ein paar Stullen mit Gänsefleisch oder sonstigen Leckereien und eine Flasche Rotwein auf Ihre DB-Reisen mit. Reservieren Sie sich einen Tischplatz auch für Ihren Laptop. Mit dieser Einsparung können Sie sich an Ihrem Reiseziel großen kulinarischen Genüssen hingeben.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang König
Harald Dzubilla antwortet: Genauso, wie ich nicht im Büro am Schreibtisch esse, wenn ich dort nicht allein bin, genauso missfallen mir die Leute, die ihre Mahlzeiten auf dem Tisch in der Bahn auspacken und gleichermaßen geräusch- wie genussvoll mit dem Essen beginnen, ohne Rücksicht auf die daneben Sitzenden zu nehmen, die ihre Nase und Ohren ja schließen können, von den Augen gar nicht zu reden. (Andere gehen in den Speisewagen, um dort zu arbeiten, was ich als noch schlimmer betrachte.) Im Speisewagen kann man sehr gut Chili con Carne essen genauso wie frischen Salat und andere kleine Gerichte. Die Haute Cousine dagegen ist mit Vorsicht zu genießen – obwohl ich auch schon überrascht war, wie gut die das auf den Teller gekriegt haben.
Freitag, 28. Oktober 2011