Szene Ahrensburg
Szene Ahrensburg
Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Schon seit längerer Zeit ärgere ich mich, wenn ich die ständige Reklame des Hamburger Goldankäufers Arnold sehe. Nun entdeckte ich das Inserat auch im MARKT, ergänzt durch den redaktionellen Rahmen des Anzeigenblattes, das dem Inserenten einen seriösen Anstrich verleihen soll.
Bevor Sie nun mit Ihrem Gold und Schmuck oder Ihrer Armbanduhr zu Arnold rennen, lesen Sie bitte, was ich bereits vor fast einem Jahr in meiner Eigenschaft als Werbekritiker Spießer Alfons geschrieben habe bei www.off-the-record.de! Diesen Beitrag möchte ich nun speziell den Lesern vom MARKT zur Kenntnis geben. Wenn Sie also einen kennen, dann lesen Sie ihm bitte Folgendes vor:
„Schon ein Kollege von Spießer Alfons, nämlich Johann Wolfgang von Goethe, hat es beobachtet: “Nach Golde drängt, // Am Golde hängt // Doch alles. Ach wir Armen!” So schrieb er es in seinem Drama „Faust“. Und das Wort hat bis heute an Gültigkeit nichts verloren.
Zur Zeit ist der Goldpreis ziemlich weit oben. Und man kann beobachten, wie viele Juweliere versuchen, alte Goldbestände aus den Schmuckschatullen der Bürger herauszuholen, um sie anzukaufen. Sie inserieren in
örtlichen Tageszeitungen und überbieten sich gegenseitig mit Superversprechungen: “Suchen dringend Gold, von Altschmuck bis Zahngold, zahlen Höchstpreise!” Höchstpreise, natürlich.
Spießer Alfons hat ein Inserat als Musterbeispiel herausgepickt. Es erscheint in gewissen Abständen in einer großen Hamburger Tageszeitung. Der Inserent: Juwelier Edmund Arnold. Den gibt es laut Angabe schon seit 1880. Und Juwelier Arnold sucht dringend Luxusuhren und Schmuck. Und zahlt Höchstpreise. Und darum ist der Spießer dieser Annonce einmal nachgegangen.
Als Alfons den Laden in den Hamburger Colonnaden betreten hatte, saßen zwei Damen hinter und zwei vor den kleinen Ankaufstresen. Die dahinter saßen, waren die Mitarbeiterinnen von Arnold, die davor wollten ihren Familienschmuck verkaufen. Und dann hörte der Spießer die Mitarbeiterinnen von Arnold reden. Und zwar redeten sie die Preise in den Keller. Tenor: „Ja, ein schönes Stück, aber wir können natürlich nur den Materialwert bezahlen – 20 Euro für den goldenen Ring mit Stein. Ja, es ist ein Diamant, aber nur ein kleiner. Und was glauben Sie, wie günstig wir solche Steine auf der Diamantenbörse in einkaufen! Und das Armband ist hohl. Und die Uhr kaputt, da zählt natürlich nur der reine Goldwert.“ Und so weiter und so fort. Und sie schauten durch Lupen, maßen die Steine, tupften mit Tinkturen, rieben das Gold daran und stellten fest, dass die Legierung nur 333 ist und nicht 585, wie gehofft. Und dann wurde alles auf die Waage gelegt, woraufhin sich der Preis ergab, der niedrige. Eine Dame war den Tränen nahe, packte alles wieder ein. Die andere wollte es sich noch mal überlegen.
Dann war Alfons an der Reihe. Er ließ den mitgebrachten Erbschmuck schätzen. Für die angebotenen Ankaufspreise hätte Alfons sich gerade mal ein neues Fahrrad kaufen können. (Herr Arnold hätte nach einem möglichen An- und Verkauf einen dreiwöchigen Luxusurlaub machen können.) Für seine Armbanduhr wurde Alfons (nach Rücksprache mit dem Chef) ein so niedriger Betrag angeboten, dass er sprach: „Dann gebe ich die lieber zu Ebay.“ Daraufhin erhöhte sich das Gebot unverzüglich um 1000 (eintausend) Euro. Alfons behielt seine Uhr. Trotzdem verkaufte er etwas von dem mitgebrachten Edelmetall, um zu sehen, was passiert. Und es passierte, was man ihm von anderer Stelle vorausgesagt hatte: Alfons musste eine Quittung unterschreiben, auf der nur seine Personalien aufgeführt waren. Der verkaufte Schmuck wurde nicht sonderlich spezifiziert, und es wurde nur ein Gesamtpreis angegeben. Auf der Quittung keinerlei Angaben über die Firma Arnold, kein Stempel, nur eine unlesbare Unterschrift. Diese „Quittung“ ist für den Verkäufer wie ein Blatt Klopapier, benutzt.
In der Anzeige ist zu lesen: „Die aus TV und Presse bekannte Luxusankaufsfirma Eduard Arnold“. Dazu erklärte eine Informantin dem Spießer. „Die waren schon mal im Fernsehen, wurden mit versteckter Kamera bei ihren Geschäften gefilmt.“ Und dann sagte sie noch etwas, was sie vor jedem Richter wiederholen würde. Spießer Alfons denkt aber, dass er bereits genug gesagt hat über den Juwelier von 1880…“
Sonntag, 19. April 2009