Szene Ahrensburg
Szene Ahrensburg
Protest eines Protestanten
Heute mal das Thema Kirche – im allgemeinen und im besonderen vor meiner Haustür. Wozu ich vorab bemerken muss, dass ich Mitglied der evangelischen Kirche bin. Genauer: lutherisch-evangelisch. Ich glaube an Gott, nicht aber an die Kirche, sprich: das bezahlte Bodenpersonal des himmlischen Vaters. Weil die Damen und Herren in den Talaren die Heilige Schrift schon lange nicht mehr als das wahre Evangelium betrachten. Sondern als die Ware Evangelium, mit der sie handeln und mit der sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Da kommt es schon mal vor, dass man Kirchen für Modeschauen vermietet oder als Disco.
Früher war das anders. Da glaubten sie noch alle an Gott, die evangelischen Theologen, und sie nahmen ihre Arbeit ernst. Ihr Beruf war ihnen Berufung. Der Pastor kannte die Mitglieder seiner Kirchengemeinde alle persönlich, kam rum in den Häusern und wusste Bescheid über die Familienverhältnisse. Heute dagegen sehen viele der kirchlichen Damen und Herren ihr Amt nur noch als Job, weil „unser tägliches Brot“ nicht wie Manna vom Himmel fällt, sondern verdient werden muss. Und kommen die Menschen nicht in die Kirche, dann eben nicht. Dem Pastor auf der Kanzel scheint das egal zu sein; Hauptsache, die Schäfchen zahlen sein Gehalt die Kirchensteuern.
Kirchlicher Besuch am Abend
Als ich vor vielen Jahren nach Ahrensburg gezogen war, da klingelte es eines Abends an meiner Haustür. Davor stand ein Mann, der sich als mein zuständiger Pastor vorstellte. Er kam unangemeldet, und ich hatte an diesem Abend eigentlich etwas Anderes geplant, wollte aber nicht unhöflich sein und dachte, dass dieser Besuch sowieso keine Viertelstunde dauern würde. Es wurden dann fast drei Stunden, die ich nie vergessen habe. Wir aßen, tranken Wein und sprachen über Gott und die Welt. Es war eine anregende Unterhaltung und eine gegenseitig befruchtende Diskussion. Als ich dem Pastor – sein Name ist mir nach 40 Jahren entfallen – am Ende seines Besuchs sagte, dass ich mich über sein Kommen gefreut habe und sehr gern in seinen Gottesdienst kommen werde, da eröffnete er mir: „Ich bin vom Bischof berufen worden, ein höheres Amt zu übernehmen und werde Ahrensburg bald verlassen.“
Dann war da Pastor Ries, ein älterer Herr, der zur Besprechung der Taufe meines Sohnes auch zu uns ins Haus gekommen war. Sein Nachfolger: Pastor Detlev Paschen, ein ehemaliger Computer-Verkäufer. In der „Ahrensburger Zeitung“ vom 27. Dezember 1991 war sein Credo zu lesen und also lautend: „’Ich möchte die Menschen neu zueinander bringen, indem ich die spirituellen Bedürfnisse der einzelnen ernst nehme’, sagt Paschen. ‚Die Menschen sollen spüren, dass sich das Leben nicht im Gegenständlichen erschöpft.’ Der Pastor möchte seine Gemeindeglieder über den Gottesdienst erreichen, aber auch Hausbesuche machen: ‚Die Kirche muss zu den Menschen gehen.’“
Bei mir ist die Kirche nicht angekommen
Das ist nun über 17 Jahre her. Die damals eineinhalb Jahre alte Tochter von Pastor Paschen ist inzwischen volljährig. Nur eines hat der Pfarrer bis heute nicht geschafft: in seiner Gemeinde herumzukommen. Jedenfalls hat er nach 17 Amtsjahren immer noch nicht an meiner Haustür geklingelt. Ist ja auch nicht nötig, denn meine Kirchensteuern fließen automatisch. Warum ich nur zu Weihnachten ins Gotteshaus gehe, ist dem Pastor vermutlich egal, danach muss er sich doch nicht erkundigen. Schließlich ist die St. Johanneskirche an jedem Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt. Da genügt es doch, wenn die Zeugen Jehovas die Hausbesuche machen!
Wird Zeit, dass mal wieder ein Martin Luther in der evangelischen Kirche auftaucht und den Damen und Herren auf der Kanzel ein paar zeitgemäße Thesen um die Ohren schlägt!
Dienstag, 14. April 2009