In der Redaktion der Stormarn-Beilage sitzen Praktikanten, die vornehmlich Pressetexte bearbeiten. Zum Beispiel die Pressemitteilungen der Polizei. So etwas ist normal und allgemein üblich. Nicht üblich aber ist, dass eine Redaktion dem Leser suggerieren will. “Wir waren live am Ort des Geschehens”. Und das wird dann dokumentiert durch ein Foto – das allerdings mit dem Tathergang nichts zu tun hat, sondern aus dem Archiv stammt, sondern hier wird der Eindruck erweckt: Die Polizei war mit Blaulicht im Einsatz.
In den Richtlinien des Deutschen Presserates für die publizistische Arbeit heißt es in den Empfehlungen:
RICHTLINIE 2.2 SYMBOLFOTO
Kann eine Illustration, insbesondere eine Fotografie, beim flüchtigen Lesen als dokumentarische Abbildung aufgefasst werden, obwohl es sich um ein Symbolfoto handelt, so ist eine entsprechende Klarstellung geboten. So sind • Ersatz- oder Behelfsillustrationen (gleiches Motiv bei anderer Gelegenheit, anderes Motiv bei gleicher Gelegenheit etc.) • symbolische Illustrationen (nachgestellte Szene, künstlich visualisierter Vorgang zum Text etc.) • Fotomontagen oder sonstige Veränderung deutlich wahrnehmbar in Bildlegende bzw. Bezugstext als solche erkennbar zu machen.
Und nun schauen Sie sich die aktuelle Online-Veröffentlichung an! Ich kann in der Bildlegende bzw. im Bezugstext keine Klarstellung erkennen, dass es sich hier um eine symbolische Illustration handelt.
Bemerkenswert ist, was die Stormarnbeilage nicht meldet, nämlich dass es sich nach Polizeiangaben angeblich um einen 17-jährigen Flüchtling aus Eritrea handelt. Warum wird dem Leser das verschwiegen? Ist das nicht erwähnenswert, wenn man schon so genau über den Tathergang schreibt???
Guten Abend,
die IVW-Zahlen (IV Quartal 2015, ich habe mal die Vergleichszahlen 2014 dazu gesetzt) sind draußen. Hier der Link zur Stormarnausgabe des Hamburger Abendblattes (Mo-Sa), sollte es von Interesse sein: http://www.ivw.eu/aw/print/qa/titel/1382?quartal%5B20144%5D=20144&quartal%5B20154%5D=20154#views-exposed-form-aw-titel-az-aw-az-qa
Zu Herrn/Frau Martens: Sollte ich keinen Knick in der Linse haben, vermeldet die Polizei nicht die Nationalität des Täters: http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/43735/3230315
Und wenn man beide Texte vergleicht, fällt dem geneigten Leser etwas auf: Nämlich die teils wörtliche Übernahme der Polizeimeldung. Und dafür soll man Geld zahlen? Irre. Ich gebe Ihnen natürlich recht, es ist völlig unverständlich die Nationalität des Täters nicht zu nennen, zumal sein Alter genannt wird. Die shz hat es gemacht.
Viele Grüße
Meckelein
@Martina Meckelein
Lügen durch Verschweigen – nennt man das nicht so?
Liebe Sabine Heinrich,
seit Jahren führen wir doch in Deutschland diese Diskussion.
Lügen? Lügen wären gar nicht das Problem, die haben bekanntlich kurze Beine.
Es steht meines Erachtens die Gefahr im Raum, dass auch der unkritischste Medienkonsument die Möglichkeit einer systematischen Verschleierung durch die “vierte Gewalt” in Betracht ziehen könnte.
Ironischer Gruß
Meckelein
Hallo Frau Meckelein! Ich will nicht sagen, dass Sie einen Knick in der Linse haben, aber im Pressebericht der Polizei, den Sie anführen, steht deutlich die Herkunft des mutmaßlichen Täters.
Also – dann habe ich auch einen Knick in der Linse! Gestern war in der Stormarnbeilage nichts über die Herkunft des kriminellen Gewalttäters zu finden – erst heute wird sie erwähnt. Heute ist die brutale Tat Top-Thema, und auch die Herkunft wird nicht verschwiegen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn dem Opfer Aufmerksamkeit geschenkt wird – nicht in Form reißerischer Berichterstattung! Was macht so ein grausames Verbrechen mit dem Opfer, mit den Angehörigen, mit den Freunden? Bekommt es Hilfe vom Staat, oder kann es sich nur auf die Hilfe des WEISSEN RINGes verlassen?
Dass der Täter auf unsere Kosten betreut wurde (er soll aus einem Oldesloer Kinderheim kommen, in dem er 2 Jahre gelebt hat) und nun auch weiterhin auf unsere Kosten versorgt wird – wenn auch in der U-Haft – macht mich unglaublich wütend!
Sie haben recht.
Ich sollte dringend zum Augenarzt.
Grüße Meckelein
Bemerkenswert ist: In der heutigen gedruckten Ausgabe nennt die Stormarnbeilage die Herkunft des Täters und stellt die Frage: “Spielt es eine Rolle, woher ein Täter stammt?” Offensichtlich hat Schreiber Sulanke nichts von den Vorfällen in Köln gehört, wo amtliche Stellen auch erst einmal verschwiegen haben, woher die Täter kommen.
Doch, Herr Sulanke, die Herkunft des Täters spielt schon eine Rolle. Vor dem Gesetz sind zwar alle Menschen gleich; leider aber kann man einen deutschen Sexualtäter nicht aus Deutschland abschieben, sondern der Steuerzahler muss für seine Inhaftierung aufkommen im Gegensatz zu einem Straftäter aus Eritrea.
Hallo Stiller Beobachter,
die Richtlinie 12.1 des Pressekodex schreibt vor, die Herkunft von Verdächtigen in der Berichterstattung nicht zu erwähnen, es sei denn, es besteht ein “begründbarer Sachbezug” zur Tat.
Seit Jahren verschweigen also nicht nur amtliche Stellen, sondern auch die Journalisten selbst, die Nationalität eines (mutmaßlichen) Täters.
Welche Kenntnisse haben sie (die Journalisten), darüber zu entscheiden? Ich behaupte mal: Keine.
Denn: Welchen begründbaren Sachbezug gibt es denn dann überhaupt für die Nennung des Tatortes? Sollen Frauen jetzt Angst vor Parkhäusern bekommen? Die meisten Vergewaltigungen werden übrigens in Wohnungen begangen. Warum nennen die das Alter des Opfers. Gibt es da einen Sachbezug zur Tat? Werden nur 18jährige vergewaltigt? Sind die besonders gefährdet? Nein, Frauen werden auch noch im hohen Alter Opfer von Sexualstraftaten. Und spielt das jugendliche Alter des Täters eine besondere Rolle? Sind männliche Heranwachsende die typischen Vergewaltiger? Nein.
All das wird trotzdem genannt. Nur die Herkunft des Täters, nämlich sein Flüchtlingsstatus und die damit verbundene Ausnahmesituation, die wird nicht genannt – seltsam.
Übrigens wird genau die, im Ermittlungs- und später im Gerichtsverfahren, von entscheidender Bedeutung sein.
Schönen Abend.
Meckelein