Ich empfinde es immer als erfreulich, wenn ein Mensch ein Buch schreibt. Viele Menschen tun das, indem sie aus ihrem eigenen Leben einen Roman machen. Und wenn sie das Manuskript an einen Verlag schicken und die Hürde des Lektorats überspringen, dann wird das Werk gedruckt und kommt in den Buchhandel.
Was aber, wenn der Autor sein Manuskript an diverse Verlage schickt und keiner will es haben? Nun, dann kann der Möchte-gern-Schriftsteller es immer noch veröffentlichen lassen, indem er es auf eigene Kosten druckt, dafür eine ISBN bestellt und das Buch über eine Vertriebsfirma anbieten lässt.
Den zweiten Weg halte ich durchaus für legitim. Er funktioniert aber nur bei Autoren, die Geld investieren können und nicht bei armen Poeten. Letztere dürfen ihr Werk ganz allein für sich im stillen Kämmerlein lesen und sich an ihren eigenen Worten erfreuen.
Warum ich diesen Blog-Eintrag schreibe? Ich schreibe ihn aus gegebenem Anlass. Und dabei spielt die Stormarn-Beilage eine große Rolle, denn die widmet heute einem “Indien-Roman aus Bargteheide” einen riesengroßen Beitrag. Ich bin aber sicher: Kulturchefin Martina Tabel hat diesen Roman gar nicht gelesen. Statt dessen weist sie auf eine Lesung der Autorin in einer Buchhandlung hin.
In dem riesengroßen Beitrag ist nirgendwo die Rede, warum die Autorin ihr Buch auf eigene Rechnung hat drucken lassen. Aber genau das ist es, was den Leser doch interessiert: Wie hat die 68jährige Autorin es zu ihrem “Erstlingswerk” geschafft…?
Die Schlussfolgerung: Jeder, der das Geld hat, sein eigenes Buch zu drucken, kommt groß in die Stormarn-Beilage, egal, wie gut oder schlecht der Inhalt zwischen den Buchdeckeln ist.
Aber bis zu dieser Stelle hätte ich dem Ganzen keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Hellhörig wurde ich, nachdem ich bei Amazon die Kundenrezensionen zu diesem Buch gelesen hatte: Vier Stück und alle Kritiker jubilieren in den höchsten Tönen. Und: Diese Jubler haben sich mit anderen Werken so gut wie gar nicht beschäftigt, sondern nur mit dem Indien-Roman aus Bargteheide.
Da hört man doch die Nachtigall trapsen. Und ich empfinde so etwas irgendwie als unlauter weil unfair, und zwar gegenüber Autoren, die sich durch die Lektorate der Verlage gekämpft haben und keine Freunde animiert haben, etwas Schönes über ihr Werk ins Internet zu schreiben. Oder zur Stormarn-Beilage gegangen sind, wo Frau Tabel über Bücher schreibt, die sie selber nicht gelesen hat – vermute ich jedenfalls.
Hallo, Herr Dzubilla,
so nett aufgefordert wird Frau Tabel sicherlich über dieses Wochenende den Roman lesen und nächste Woche eine kurze Inhaltsangabe sowie einen Kommentar bringen. Vielleicht erwerbe ich dann dieses Buch auch.
Aber immerhin hatte die Stormarnausgabe heute 10 Seiten – ein Rekord.
Mit schmökernden Grüßen
Wolfgang König