Vor dem Ahrensburger Amtsgericht findet seit über einem Jahr ein Prozess gegen einen üblen Pöbler statt, der andere Menschen beleidigt, diffamiert und verunglimpft hat und dafür mit einer ziemlichen Geld- und/oder Freiheitsstrafe rechnen muss. Und bei jeder Verhandlung sitzt auf einem der Zuschauerstühle ein alter Mann mit Aktentasche, der sich eifrig Notizen macht.
Gegen diesen Mann habe ich bei der Staatsanwaltschaft Lübeck Strafantrag gestellt.*) Und im Internet fungiert der fast 80jährige als Pressesprecher des Angeklagten und veröffentlicht reichlich wirres Zeug über den Prozessverlauf, wobei er andere Menschen beleidigt und diffamiert.
Das ist nicht sonderlich erwähnenswert, denn jeder, der den Unsinn liest, erkennt sofort, welch’ Geistes Kind der Schreiber ist. Aber jetzt kommt das Highlight der Veranstaltung:
Der Mann im Gerichtssaal, der von sich stets in der Wir-Form schreibt, also Pluralis Majestatis, dieser Mann will nun mit dem Strafprozess gegen den Pöbler und Hetzer selber Bargeld machen. Und so bietet er im Internet an: „Wir haben diesen Verhandlungstag protokolliert und bieten das Protokoll des 11. Verhandlungstages (29.08.2017) Interessenten für 10,- € an.“ Und kurze Zeit später erhöhte der Mann sein Angebot und erklärt: „Wir haben diesen Verhandlungstag protokolliert und bieten das Protokoll des 11. Verhandlungstages (29.08.2017) Interessenten für 50,- €, inklusive MwSt, an.“
Damit ist das Highlight aber noch nicht erloschen. Denn: Bekannt ist, dass dieser Mann gar nicht in der Lage ist, einen Prozessverlauf stenografisch als lückenloses Protokoll auf Papier festzuhalten. Protokolle, die er von anderen Prozessen im Internet veröffentlicht hat, die bestehen aus zusammenhanglosen Wortfetzen, die zum größten Teil gar keinen Sinn ergeben, wobei den Beteiligten, die fast alle namentlich genannt werden, auch Worte in den Mund gelegt werden, die diese niemals so gesagt haben. Und wenn der Mann nun ein echtes, also lückenloses Protokoll für 50,- Euro anbietet, dann kann es meiner Meinung nach nur so sein, dass er das offizielle Protokoll der Gerichtsschreiberin vom Gericht erhalten hat – was sehr unwahrscheinlich ist. Oder aber: Es liegt eine Betrugsabsicht vor, und der Mann liefert gar nicht das, was er im Internet verspricht.
Oder: Der Mann hat die Verhandlung heimlich mitgeschnitten, also ein Aufzeichnungsgerät benutzt, und verkauft diese seine Aufzeichnung nun für 50,- Euro.
Der Gesetzgeber sagt: „Foto- Film- und Tonaufnahmen während einer Gerichtsverhandlung, also auch während des Plädoyers und der Urteilsverkündung sind gem. § 169 S. 2 GVG ausnahmslos verboten. Ein Verstoß kann in der Revision zur Urteilsaufhebung führen.
Wie dem auch sein mag, womöglich kommt jetzt gegen den Protokoll-Verkäufer noch ein weiteres Aktenzeichen bei der Staatsanwaltschaft hinzu.
*) Postskriptum: Der Staatsanwalt teilte mir dazu mit: „Im vorliegenden Fall hat die Rechtsverletzung noch kein solches Ausmaß erreicht, dass die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit wäre. Ich habe daher von der Erhebung der öffentlichen Klage abgesehen und stelle anheim, ggf. gegen den Beschuldigten auf dem dafür vorgesehenen Wege der Privatklage vorzugehen, falls Sie eine Bestrafung wegen des von Ihnen angezeigten Sachverhalts erreichen wollen.“ Und: „Etwaige zivilrechtliche Ansprüche werden durch diese Entscheidung nicht berührt.“
Die Protokolle darf der Typ weder veröffentlichen noch verkaufen, der Inhalt ist urheberrechtlich geschützt.
Rolf Schälike saß nach eigenem Geständnis schon drei Mal im Knast. Und wer glauben Sie, war Schuld daran? Schälike erklärt es auf Twitter: Schuld waren die Hamburger Richter Buske, Mauck und Käfer, dass der Mann hinter Gittern gekommen ist. Womit wir erkennen: Dem alten Herrn ist wirklich nicht mehr zu helfen.