Was ist der Unterschied zwischen Journalisten und Schreibkräften? Kurz gesagt: Journalisten recherchieren eine Meldung, filtern sie auf ihren Gehalt und schreiben erst dann. Und gute Journalisten setzen auch noch einen eigenen Kommentar dazu. Schreibkräfte dagegen schreiben artig das auf, was man ihnen erzählt. Das können auch Märchen sein. Oder billige Reklamegeschichten. Und dann wird das Gehörte veröffentlicht. Nein, nicht in seriösen Zeitungen, sondern in sogenannten Anzeigenblättern und Werbeportalen, wo Werbung und Redaktion für den Leser mitunter kaum noch voneinander zu unterscheiden sind.
Eine Schreibkraft schrieb gerade in einem Werbeportal, dass der Geschäftsführer einer Ahrensburger Firma eine “großzügige Spende” an das Großhansdorfer Tierheim übergeben hat, und zwar mit einem albernen überdimensionalen Scheck. Dieser lautet über 1000 Euro. Und das ist der Betrag, den die Firma sonst für Weihnachtsgeschenke ausgegeben hätte. Nein, nein, nicht etwa für die Mitarbeiter, sondern für die Kunden (!) der Firma.
Mit anderen Worten: Die Firma hat das Geld für die Weihnachtsgeschenke ihrer Kunden nicht traditionsgemäß verwendet, sondern für Tiere gespendet. Was, bitte schön, ist daran “großzügig”? In meinen Augen ist das sogar ziemlich piffig. Denn nicht die Mitarbeiter der Firma haben haben gesammelt und ihr Weihnachtsgeld für das Tierheim gespendet; und auch nicht der Herr Geschäftsführer hat das aus seiner privaten Schatulle getan, sondern er gab – vermutlich leichten Herzens – das, was man den Kunden zugedacht hatte, anderswo hin. Und die Kunden (wurden die wenigstens vorher gefragt?) werden nun wohl die Aufträge, die sie dieser Firma zugedacht haben, auch anderswo hingeben. Und wenn sie dabei noch Geld sparen, dann können sie es ans Tierheim spenden.
Der Vorteil für die Ahrensburger Firma: Das lästige Aussuchen der Weihnachtsgeschenke, das Verpacken und der Versand samt der Papiere wurde gespart. Stattdessen bestellte man für die Scheckübergabe eine willige Schreibkraft mit Digitalkamera, damit die tolle Tat auch festgehalten und verbreitet werde. Auf dass alle sehen sollen, was für ein gutherziger Mensch doch der Geschäftsführer der besagten Firma ist, weil der seinen Kunden nichts zu Weihnachten schenkt.
Und ich warte nur darauf, dass jemand zu Weihnachten einen Euroschein in den Klingelbeutel der Kirche wirft und zuvor eine Schreibkraft mit Kamera bestellt, damit über diese “großzügige Spende” auch in einem Werbeblatt berichtet werde.
Ausgangs noch eine Frage an die Geschäftsleitung besagter Ahrensburger Firma: Wer oder was hindert Sie eigentlich daran, unabhängig von Weihnachten und Weihnachtsgeschenken für das Tierheim zu spenden? Bestimmt berichtet eine Schreibkraft auch im Juli darüber.
Oder glauben Sie wirklich, dass Menschen und Tiere nur zu Weihnachten Spenden benötigen…?