Szene Ahrensburg
Szene Ahrensburg
Die Dekadenz von Ahrensburg (+6K)
Als ich heute die Stormarn-Beilage aus dem Hamburger Abendblatt gezogen habe, da habe ich an meine Stirn gefasst und mich gefragt: Ja, haben die denn noch alle?! Und wenn Sie sich bitte das linke der beiden Fotos anschauen wollen, dann wird Ihnen – hoffentlich! – auch übel.
Wir sehen eine Frau im schönen warmen Wasser vom Badlantic schwimmen. Nein, nicht im Innenbereich, sondern draußen, wo Eis und Schnee am Rande des Beckens liegen. Und wenn Sie glauben, Ahrensburg würde über eine heiße Quelle verfügen, dann irren Sie. Denn das Wasser, in dem Waltraut K. dort mit frisch geföhnten Haaren badet, wird geheizt. Und dafür bezahlen wir Bürger an den Co-Betreiber des Bades, die e.on Hanse, richtig viel Geld. Und das Badlantic kostet uns Jahr für Jahr Millionen und Abermillionen, egal, ob wir dort baden gehen oder nicht.
Jetzt wird mir auch klar, warum Bürgermeister Sarach seit über einem Jahr mit dem Energie-Unternehmen verhandelt und zu keinem Resultat kommt. Denn bei e.on Hanse weiß man, dass Leute, die zulassen, dass ein Außenbad im Schnee auf Badetemperatur beheizt wird, einen Sprung in der Schüssel haben. Und solche Verhandlungspartner nimmt man eben nicht für voll sondern führt sie auch weiterhin am Ring in der Nase vor.
Die Stadt ist verschuldet wie nie zuvor. Viele, viele Kinder leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Ahrensburger Tafel wird mehr und mehr in Anspruch genommen, und viele Bürger drosseln ihre Heizungen, sitzen im Kalten, weil die Energiekosten kaum noch bezahlbar sind. Und die Stadt Ahrensburg gibt sich so dekadent und heizt ihr Freibad im Schnee, damit Frau K. dort baden kann. Und die Stormarn-Beilage fotografiert das. Aber statt dass die Redaktion dazu einen kritischen Kommentar schreibt, lesen wir dort: „Beim Betrachten dieser Bilder wähnen wir uns im Wellness-Bereich eines Südtiroler Hotels“.
Aber wir sind nicht in Südtirol, sondern im Freibad von Lachstadt. Der Stadt, in der mir heute mal wieder das Lachen gründlich vergangen ist.
Leserkommentare
am 13. März 2013 per E-Mail:
Hallo!
Wie ich soeben aus dem Vorzimmer des Bürgermeisters vernommen habe, wird Herr Sarach bei der kommenden Versammlung der Stadtverordneten den Antrag stellen, dass auf der Schlosswiese eine Rasenheizung installiert wird. Der Bürgermeister: „Dann wäre die Wiese im ganzen Jahr schön grün und würde sogar im Winter viele Touristen aus Schwerin nach Ahrensburg locken!“
In diesem Sinne -
„Der Spatz vom Rathausdach“, Ahrensburg
Am 12. März 2013 per E-Mail:
Hallo, Szene Ahrensburg!
Eine Frage: Und das Wasser dort wird tatsächlich 24 Stunden am Tag aufgeheizt? Zweite Frage: Warum erziehen wir unsere Kinder eigentlich dazu, energiebewusst zu handeln? Und was sagen die Grünen dazu? Oder baden die auch im winterlichen Freibad, da der Strom ja nicht aus einem Kernkraftwerk kommt, sondern von e.on?
Mit freundlichen Grüßen
Katharina, Ahrensburg
Am 13. März 2013 per E-Mail:
Nein, liebe Katharina, der Strom kommt nicht von E.ON, sondern aus der Steckdose und aus der Leitung. Und deshalb kann sich Ahrensburg diesen Luxus leisten.
Viele warme Grüße
Uwe John
Am 13. März 2013 per E-Mail:
Lieber Herr Dzubilla, Sie hätten als Überschrift auch schreiben können: „Hier verheizt der Ahrensburger Bürgermeister das Geld der Bürger.“ Denn Herr Sarach ist ja zugleich Aufsichtsratsvorsitzender vom Badlantic, hat also die Oberaufsicht dort.
Freundliche Grüße
Beate Gratenau
Am 13. März 2013 per E-Mail:
Hallo, lieber Dzubilla!
Nun nörgeln Sie nicht immer so! Ahrensburg will Touristen, also muss Ahrensburg auch in Tourismus investieren! Natürlich könnte man im Außenbereich vom Badlantic im Winter stattdessen eine Eislaufbahn machen, aber E.on-Hanse möchte lieber heiß statt Eis.
Mein Vorschlag: Wir lassen auf unserem Rathausplatz endlich eine Fußbodenheizung verlegen! Das hat im Winter den Vorteil, dass es dort schön warm ist und man auch im Dezember einkaufen kann wie auf einem Markt in Süditalien!
Zum Glück müssen wir ja nicht mehr für die Heizung der Sankt-Johannes-Kirche zahlen, weil die ja nun bald plattgemacht wird. Und wenn sich am kommenden Montag die Stadtverordneten im Marstall versammeln, dann drehen wir dort die Heizung ein bisschen niedriger, um unnütze Kosten zu sparen. Die Damen und Herren sollen sich warm anziehen!
Mit grinsenden Grüßen
Ihr „Observator“, Ahrensburg
Am 13. März 2013 per E-Mail:
Hallo, Herr Dzubilla,
auf den Touristikmessen, auf denen Ahrensburgs Tourismus-Stellchen ständig mit eigenem Stand und dem hier gebrannten gräflichen Korn und Hochglanz-Broschüren vertreten ist, brillieren wir. Unser Statistikamt weist jährlich ca. 353.000 touristische Übernachtungen aus. Die Parkeinnahmen daraus sind immens. Das CCA ist überlaufen, das Stadtmuseum hat Besichtigungskontingente mit Anmeldefristen von einem Jahr. Allein ca. 9,3 Millionen Euro jährliche Steuereinnahmen lassen sich durch unseren Tourismus begründen.
Welche Stadt hat schon Sehenswürdigkeiten wie einen Muschelläufer mit Wolke-Profil, bröselndes Innenstadtdekor, Tiefgaragen-Abkürzungen, ein denkmalgeschütztes Rathaus, ein Griesenberghaus, ein Gutshaus mit Türmchen und Moorbad, Neubausiedlungen mit roten Zahlen usw., usw.?!
Um 1900 war Ahrensburg als Luftkurort weit bekannt. Nun will Ahrensburg auch den nächsten Schritt gehen und den Titel „Bad“ beantragen, um nach Bad Oldesloe als größte Stadt Stormarns endlich Kreisstadt zu werden.
Was wäre Bad Ahrensburg ohne ein Wellness-Außen-Bad? Man würde uns den „Bad“-Titel sofort wieder aberkennen. Ich verstehe diese plötzliche Aufregung wegen des winterlichen Außen-Pools nicht. Der Badespaß dieser einsamen Dame verteilt sich doch über 33.000 Bürger. Auch wenn die Dame völlig alleine draußen bei Frost badet, lassen sich die anteiligen Kosten ihrer Eintrittskarte statistisch kaum erfassen.
Und wir heizen den Frühling an. Nach dem Bad geht diese Dame zum Friseur Coco, kauft im 1-Euro-Shop ein, probiert bei Takko an, geht preiswerte Nudeln teuer essen, usw., usw.
Das andere Bild blieb leider unkommentiert. Was wir einerseits im Winter bieten, das können wir auch im Sommer: Dank unserer Schnee-Kanonen bieten wir unseren Gästen auch im Hochsommer Wintervergnügen. Koste es, was es wolle.
Wir Ahrensburger sind ja nicht kleinlich.
Mit fröstelnden Grüßen
Wolfgang König
Mittwoch, 13. März 2013