Szene Ahrensburg
Szene Ahrensburg
Eine denkwürdige Stern-Stunde im Rathaus
Vorab: Dieser Beitrag ist ein Bericht in eigener Sache. Weshalb er natürlich subjektiv ist, weil alles, was man über sich selber schreibt, niemals objektiv sein kann.
Gestern tagte im Ahrensburger Rathaus der so genannte „Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss“ unter Vorsitz von Oberstudienrat Matthias Stern (CDU), dessen Bildung in Sachen Kultur so bemerkenswert ist, dass ihm der Ahrensburger (!) Bildhauer Jürgen Block (1904-2002) kein Begriff ist, obwohl Stern bei jedem Eintritt ins Rathaus eine Arbeit von Block in die Hand nimmt, nämlich den Griff der Rathaustür, der genauso von Jürgen Block gestaltet wurde wie auch die Büste von Alfred Rust im selben Hause und die Waldemar-Bonsels-Gedächtnistafel vor der Kreissparkasse. Aber das nur am Rande. Denn wer Geschichte und Mathematik unterrichtet, der muss sich ja in der Ahrensburger Kunstszene nicht auskennen, es genügt voll und ganz, dass er als Vorsitzender vom Kultur-Ausschuss nur ein bisschen arrogant von oben herab guckt und Zahlen interpretieren kann.
Kunstfreunde Ahrensburg e. V. baten um Kostenersatz
Zu der besagten Sitzung wurde auch der Vorstand der Kunstfreunde Ahrensburg e. V. eingeladen, weil dieser Verein einen Antrag gestellt hatte, dass die Stadt seine Arbeit mit 1000 Euro im Jahr bezuschussen möge. Hierzu muss man wissen: Die Kunstfreunde Ahrensburg sind rund 80 Bürger, deren Anliegen es ist, in drei Monaten im Jahr jeweils eine besondere Kunstausstellung im Rathaus zu gestalten. In der kommenden Woche eröffnet zum Beispiel eine Ausstellung von über 40 Original-Arbeiten des berühmten Künstlers A. Paul Weber (1893-1980), die in dieser Zusammenstellung noch nirgendwo gezeigt wurden. Und Webers Tochter Toni kommt als Gast.
Notabene: Die Kunstfreunde sind kein Verein für gesellige Kegelabende, Ausflüge ins Blaue oder gemeinsames Treffen zum Essen, sondern sie handeln ausschließlich gemeinnützig. Was meint: Jeder Bürger, ob Mitglied der Kunstfreunde oder nicht, ist zur Eröffnung der Ausstellungen herzlich eingeladen; der Eintritt ist frei. Genauso kann jeder sich die Ausstellungen einen ganzen Monat lang anschauen. Die einzigen, die dafür zahlen und arbeiten, das sind die Kunstfreunde Ahrensburg mit freundlicher Hilfe einiger sehr hilfsbereiter Mitarbeiter/innen des Rathauses.
Keine neue Erkenntnis: Kunst kostet Geld
Natürlich kostet jede Ausstellung plus Vernissage bares Geld. Mehr Geld als die Mitgliedsbeiträge hoch sind. Weshalb der Erste Vorsitzende des Vorstands der Kunstfreunde, nämlich Harald Dzubilla, bei den letzten drei Ausstellungen aus eigener Tasche rund 600 Euro dazu bezahlt hat, von der Eigenleistung gar nicht zu reden. Wie gesagt: Um das Rathaus künstlerisch zu gestalten und um den Bürgern von Ahrensburg eine Freude zu machen.
Seit 2007 bin ich Vorstandsvorsitzender der Kunstfreunde Ahrensburg e. V. In dieser Zeit haben wir sechs Ausstellungen im Rathaus gemacht, mit Vernissage, Live-Musik und Speisen und Getränken. Und vielen netten Besuchern. Doch nicht ein einziges Mal hat jemand aus dem Rathaus dem Vorstand ein offizielles Dankeschön für seine ehrenamtliche Arbeit gesagt, von Blumen gar nicht zu reden. Die Bürgermeisterin – als Hausherrin – hielt es nicht einmal für nötig, sich auch nur bei einer der Vernissagen blicken zu lassen. (Ich habe mich damals anlässlich der Ausstellung von Bruno Bruni bei dem internationalen Künstler dafür entschuldigt, dass die Bürgermeisterin den berühmten Gast nicht begrüßen konnte, und ihm erklärt, dass das Kunstverständnis von Ursula Pepper ohnehin nicht über ihren geliebten „Muschelläufer“ hinaus reicht.)
Der Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss der Stadt Ahrensburg unter Vorsitz von Oberstudienrat Matthias Stern (1. v. l.) betrachtet voller Begeisterung ein Kunstwerk (Lithographie „Das große Ereignis“ von A. Paul Weber, zu sehen im Juli 2009 im Rathaus Ahrensburg, Eröffnung: 7. Juli, 19 Uhr)
Und nun, wie eingangs erwähnt, erfolgte ein Antrag der Kunstfreunde auf einen Zuschuss von 1000 Euro, den der Verein zu 100 Prozent für die kommenden Ausstellungen aufwenden wollte. (Wer sich auskennt, was der Druck von Plakaten und der Transport plus die Versicherung von Bildern kostet, der weiß auch, dass 1000 Euro für drei Ausstellungen nur ein bescheidener Kostenbeitrag sind.) Dazu befragte Oberstudienrat Stern das Gremium nach dessen Meinung. Woraufhin Christian Schubbert von Hobe (Die Grünen), dessen Partei dafür gesorgt hat, dass der Kunstbeirat der Stadt abgeschafft wurde und Politiker in Kunstfragen autark entscheiden können, woraufhin dieser „Kunstsachverständige“ nach Gutsherrenart befand, 500 Euro täten es auch. Und das war dann auch der Beschluss des göttergleichen Gremiums, ohne dass darüber noch einmal diskutiert wurde. Pauker Stern, in seiner Selbstherrlichkeit, hakte das Thema umgehend ab. Die eingeladenen Vorstandsmitglieder der Kunstfreunde Ahrensburg wurden nicht mal begrüßt, sondern gar nicht zur Kenntnis genommen, geschweige denn zur Sache befragt. Arroganz hoch drei.
Als ich mit meiner Vorstandskollegin, der Künstlerin Marianne Syllwasschy-Hansen, noch ein paar Minuten vor dem Rathaus stand und wir über unsere Fassungslosigkeit zur Arbeit dieses Häufchens von Kultur-Entscheidern sprachen, da strampelte ein Mann auf einem Fahrrad grußlos an uns vorbei, gierig an einer brennenden Zigarette saugend. Ein Mann mit langen Haaren, die nicht sonderlich gepflegt schienen. Mit seiner qualmenden Lulle und den geröteten Wangen im aufgequollenen Gesicht wirkte er auf uns wie ein Clochard, der auf ‘ner Kneipentour de France bereits ‘ne Pulle Rotwein getrunken hatte. Und hätte der Mann mich gefragt: „Has’ma’ ’n Euro?“, ich hätte ihm fünf gegeben und gesagt: Geh und trink noch einen Schoppen Rotwein mit dem Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss in Ahrensburg, der Blaumann-Stadt!
Nachsatz vom Ersten Vorsitzenden der Kunstfreunde:
Die Partei von Matthias Stern, also die CDU, hat das Versprechen abgegeben: „Erhalt des vielfältigen Kulturangebotes“. Sollten die Kunstfreunde Ahrensburg e. V. beschließen, den Verein vom kommenden Jahr an wieder auf Eis zu legen, dann wissen nun alle Bürger, die sich an unseren Ausstellungen im Rathaus erfreut haben, warum der Vorstand des Vereins resigniert hat: Der Ausschuss ist wirklich einer.
Freitag, 3. Juli 2009